Komm flieg mit // The trip begins here
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21.03.2008 - 24.03.2008

Warschau

Von und mit Stephan
Diesmal aber wirklich - ganz alleine durch die polnische Hauptstadt ... Den Elefanten in Spitzenhöschen stets im Blickwinkel, durch Stadionruinen streunend, mit österlicher Verschlossenheit konfrontiert, unter den Augen Le'Nins schlafend ...
 

Anflug auf Warschau

Centrum

Man parkt ueberall

Mein zimmer, Oki Doki

Der elefant in spitzenhoeschen abends

Hinterhof, leicht angenieselt ...

Die sogenannte altstadt, haupttouristenattraktion

Man prozessiert, es ostert halt und regnet viel.
Warschau // 21.03.2008

Spitzenhoeschen & schnuerlregen

Also, wie gesagt, erstmals alleiniglich unterwegs, wirklich, wirklich alleiniglich dieses mal, ein ganz b'sondriges abenteuer. Der erste tag war ... Ich werd' mich kurz fassen ... Haha. Ein guter witz am anfang, das lockert auf ... Also ...

... der flughafen von Warschau, nach Chopin (dessen herz in der Heiligkreuzkirche begraben liegt - ja, wir menschen sind schon eine ... seltsame spezies) benannt, wirkt eher grau und eintoenig, ein bissl provinziell, zumindest im vergleich zum Zuercher airportli - vielleicht lag's aber auch bloss am wetter. Jedenfalls gereicht er herrn Chopin nicht zu ehren - wenn seine musik von dieser qualitaet waere, wuerden heute keine flughaefen nach ihm benannt. Man kann natuerlich drueber streiten, ob so was ueberhaupt erstrebenswert ist.

Ausserdem steht er vor einem problem. Sobald einmal ein marketingverantwortlicher von T-Mobile vorbei kommt, wird's ihm die haare aufstellen, sind die geraetschaften doch alle in patentiertem Magenta. Oder zumindest schaut's so aus, fuer's laienauge sind diese farbtoene ja alle gleich. Und aufstellen tut's uns die haare auch. Aber sowieso.

Ein seltsames gefuehl ist es schon, alleine unterwegs zu sein ... Schwankend zwischen der euphorie, zu reisen und dem genuss voellig entspannt fotos machen zu koennen - und dann wieder an cafes und beisln vorbei zu laufen, in die man gerne in begleitung einkehren moechte ... Geil isses jedenfalls, keine frage, stehen ja auch noch genug reisen in begleitung an ... Und wir leben ja eh in einer wunderbaren zeit, sind per SMS und internet ja alle nah beeinander ...

Apropos, it's a small world sowieso, wenn man einer Mediamarkt- und Saturnwerbung nach der anderen begegnet ... Geiz ist geilski ... Ansonsten war die fahrt vom flughafen ins centrum wenig spektakulaer, alles grau in grau, langweilige bauten, breite strassen - typische stadteinfahrt halt. Und der regen machte wenig lust ...

Aber dann ... Als wir ins centrum kamen ... Oh mann, was war ich da gleich feuer und flamme ... So eine wilde mischung, dieses Warschau ... Da die modernen hochhaeuser, dazwischen ein vermodernder altbau, raeudige strassenbahnen, die lautstark daherrumpeln und dann wieder ganz moderne zuege. Gigantische werbeflaechen, die gelegentlich leicht an den Timesquare erinnern und mitten drin der Pałac Kultury i Nauki (kulturpalast, eher palast der kultur und wissenschaft), den man schon vom flugzeug aus sah. Von den einheimischen liebevoll und treffend "elefant in spitzenhoeschen" (oder weniger liebevoll: "Stalinstachel") genannt, ragt er wie eine der "Sieben Schwestern" Moskaus aus dem stadtzentrum. Die Warschauer moegen den turm ja nicht, aber ich mag diese Empire State Building-Klotz-Klone ... Und morgen werde ich auf jeden Fall den gipfel erstuermen ...

Nun machte sich aber doch langsam das gewicht des tramperrucksackes bemerkbar, das ich davor leicht mit endorphinen und adrenalin wegspuelen konnte ... Nicht mehr ganz so federnden schrittes und nun doch zur sicherheit den stadtplan konsultierend, machte ich mich zum hostel auf. So schnell wie moeglich wollte ich wieder draussen sein, sooooo viel zum entdecken ... Herrlichst ...

Oki Doki. So heisst nicht nur das hostel, so fuehlte ich mich auch beim betreten. Schon von aussen wirkte es komplett anders, als ich's mir vorgestellt hatte, und bei den breiten treppen, die da raufgingen, fragte ich mich, ob ich da richtig sein konnte ... Aber dann wurde es echt genial, farbenfrohe waende, guter sound und ein angemessenes chaos empfingen mich. Alles gab's, gemuetliche sofas, eine bar, wlan, und zwei sehr sympathische rezeptionistinnen, die sich dabei uebertrumpften, den gaesten das hostel zu zeigen.

Gut, dass ich reserviert hatte, es war ausgebucht. Und bis auf die seltsame regel, dass man keinen schlafsack benutzen darf, war eigentlich alles perfekt. Und die seltsame regel, kein eigenes bier an der bar konsumieren koennen. Und der seltsamen regel, dass die rezeption zwar 24 stunden geoeffnet ist, man aber nach mitternacht einen code fuer die eingangstuer benoetigt. Neben einem schluessel fuer's zimmer, und einen fuer den spind, den jeder hat.

Erst recht genial dann das zimmer. Witzigerweise genau jenes, das ich schon im internet gesehen hatte. Die haelfte in weiss, die andere in rot gehalten, mit einem grossen Le'nin-Bildnis an der wand. Der communism-room, quasi, ihr lieblingszimmer, meinte das maedel vom hostel.

Da gibt's dann wirklich nix zu klagen, das hostel liegt zentral zwischen kulturpalast und altstadt, hat einen 24 stunden McDonald's und den coffeeheaven quasi in sichtweite, es ist absolut perfekt.

Zum McDonald's bin ich dann auch gleich mal gelatscht, zum akklimatisieren, noch nicht ganz bereit, mich auf die einheimischen einzulassen. Das sind vielleicht 500m, aber es dauerte, aufgrund der masse an motiven. Irre. Tolle stadt. diese gegensaetze wieder, von raeudig ohne ende, bis zu hastdunichtgesehen-hightech.

Jedenfalls, McDonald's. dritter versuch (langsam bekomme ich wieder hunger). Ich stelle jetzt mal eine theorie in den raum. Denn eigentlich gehoert der fastfood-riese ja zum absoluten tabu fuer alternativ-reisende im ausland, so nicht dringende beduerfnisse dorthin fuehren, denn dort sind zweifellos weltweit saubere anlagen zu finden. Weil, essenstechnisch sollt' man sich ja doch an der eingeborenenkueche laben, wenn man schon mal die chance hat.

Der meinung war ich bisher auch. Aber!

Es ist naemlich folgendes: Auch wenn interieur und kalorienbomben ueberall gleich sein moegen, so ist doch eins verschieden - und das ist das einheimische publikum, das man dort irgendwie fast pur erleben kann. Weil nicht gestoert durch tausende andere neue eindruecke. Insofern wuerde ich jetzt sogar postulieren, dass ein besuch pro auslandsaufenthalt schon drin sein sollte (ohne dass man sich dafuer schaemen muss).

Das war heute insofern ganz nett, als dass ich da gleich ein paar brocken polnisch mitbekam, also gruessen, bedanken, ja, nein ... Sehr fein.

Dann spazierte ich halt einfach mal los. Zuerst um den Kulturpalast herum strawanzend, mich von ihm und seinen neueren schwestern und bruedern erschlagen lassend, weil dort die hochhaeuser ja schiessen wie die schwammerl. Und dann auch gleich ueber fassadenteile verfuegen, die lichtspiele machen, schriftzuege darstellen, uns mit werbung zuspammen. Aber es schaut halt doch schon auch irgendwie cool aus.

Weiter wurschtle ich mich, irgendwie richtung altstadt halt, recht ziel- und vor allem planlos, der erste abend gilt mal nur der erforschung ... Was ja eigentlich eh am spannendsten ist, mehr als nur die typischen sehenswuerdigkeiten abzuklappern - was natuerlich auch wichtig ist. Meistens werden's ja nicht umsonst so bezeichnet.

So aber durchquere ich eine menge dunkler, leerer gassen, auf deren nassen pflaster sich die strassenlaternen spiegeln, in leichtem schnuerlregen. Sehr spannend das, so die stadt auszukundschaften, sie mit allen sinnen wahrzunehmen, ungestoert durch touristenmassen ...

Einem durchgang voller graffiti folgend, weil neugierig auf den innenhof, stosse ich auf einen flachen bau voller niedlicher, winziger, sehr sympathischer lokale ... JETZT aergert's mich wirklich, dass ich alleine bin, weil das ja geradezu nach einem besuch schreit, aber so ... Ich weiss nicht, klingt vielleicht bloed, ist es auch, aber so fuehle ich mich nicht wirklich "bereit" dazu ... Ich kapsle mich noch ab, bin gewissermassen so alleine, dass ich mich nicht oeffnen will, kann ... Dauert noch ein bissl, bis ich mich da so richtig dran gewoehne ...

Aja, weil ich grade die fotos durchblaettere, fast haette ich ja vergessen, dass ich im land der schwulen Teletubbies bin ... Ein graffiti deutet das an ... Irgendein ang'schuetter politiker hat das behauptet ... Tut halt doch gut, dass es ueberall auf der welt so komische gibt, die irgendwie meinen, was zum sagen zu haben. Richtig schwul find' ich aber, dass meine kamera seltsame geraeusche zu machen beginnt ... Angst! Grosse angst! Sie darf nicht jetzt den geist aufgeben, nicht jetzt! Und ich muss sie auch noch im nieslregen benutzen, bei unguten temperaturen ... A schas ...

Und ehe ich's merke, bin ich schon im touristentauglich hergerichteten teil von warschau. Keine vermoderten gebaeudeteile mehr, keine schlagloecher, alles ist oder wird hergerichtet ... Irgendwie natuerlich eh schoen, gar keine frage ... Warschau hat ja einiges herzuzeigen ... Gibt ja nicht viele staedte, die im Zweiten Weltkrieg fast voellig vernichtet wurden und dann wieder originalgetreu hergerichtet wurden ... Insofern ist "Altstadt" natuerlich nicht ganz treffend. Aber weiss man das nicht, wuerde man's nie vermuten ... Und jetzt, in der nacht, bei nicht ganz so optima(h)lem wetter, da ist's sogar ganz fein, da durchzulaufen ...

Anfangs nieselt's nur ein bissl, zwischendurch hoerts auch mal wieder auf, aber gegen ende dann regnet's doch recht ordentlich. Klar, wenn man einmal keine reservehose dabei hat ... Dafuer war ich gegen saemtliche temperaturen gewappnet, mit dutzenden schichten isoliert, war's trotz wenigen graedern ueber null nie kalt. Man lernt ja doch von ungeheizten zimmern in Sarajevo und noch immer recht kuehlen wanderungen durch Bukarest ... Jedenfalls geht's ab jetzt in diesen jahreszeiten nur mehr gen sueden, echt ...

Das ist jedenfalls der zeitpunkt, ab dem ich die kamera lieber nicht mehr benutze. Oder nur mehr selten. Grauslich sowas. Regen und kaelte, ja, meinetwegen, aber die kamera nicht mehr benutzen, das ist haerte ...

Gleichzeitig wurde es religioes, Ostern steht ja vor der tuer', Karfreitag ist's. Und trotz einer leider nicht leugenbaren christlichen vorgeschichte meinerseits irritiert mich das dann doch noch, wie sehr die massen da mitmachen ... Wenn ich nicht annaehernd wuesste, worum's geht, waer's ja irgendwie fast schon beaengstigend. Ist es so auch, aber halt anders. Noch dazu wurde ja hier auf polnisch zelebriert, das heisst, ich konnte es nur erahnen. Genauso gut haette es eine islamische prozession sein koennen. Also, rein vom tonfall her und so ... Dieser hypnotische singsang ... Irgendwie versteh ich da schon, das es manchen unangenehm ist ... Weil man's halt nicht versteht, was von den minaretten toent. Dabei ist es im endeffekt doch das gleiche, wie die christlichen lieder, mehr oder weniger. Die haben's nur besser gemacht, durch das gelaeut der glocken haben sie eine universellere sprache gefunden ...

Natuerlich kam mir die prozession rund um das kreuz entgegen, mitten im regen ... Ich lief also im mehrfachen sinne des wortes gegen den strom, und so einfach war das bei den massen nicht, also bog ich dann doch noch ab. Sah mir nur an, wie sie kurz anhielten, um eine kurze szene mit dem riesigen kreuz zu machen, um zu erleben, wie sehr die menge mitlebte ... Wie ernst das alles war ... Wie wichtig es den menschen zu sein schien, da dabei zu sein ... Wirklich wissen tut man's ja nicht, wer nur mitlief, weil es sich so gehoerte, und wer da mit vollem herzen dabei war ...

Ich weiss nur, dass das leben eines der schoensten ist, und dass mir freunde und familie alles geben, was ich brauche ... Und die billigairlines, nicht zu vergessen. Gutes bier, natuerlich auch. Na ja, digicam braucht's auch noch. Und musik. Und internet. Okay, das wuerd' jetzt ausufern. Aber halt sehr weltliches, irdisches. Bin ja gegenueber allem postmortelem aufgeschlossen, nur drauf verlassen moecht' ich mich halt nicht, da mach ich's mir schon vorher noch recht gmiadlich.

Was in dem moment erst mal bedeutet, ins hostel zurueck zu kehren, meine mueden glieder auszustrecken und in aller kuerze zu berichten, was so passiert, gefuehlt wurde ... Mich also von den massen zu entfernen und durchs naechtliche, furchtbar nasse und doch gehaltvolle Warschau zu laufen ... Flair hat die stadt eindeutig. Und so mitten in der nacht durch einen park zu spazieren, mit dunklen, laublosen baeumen waehrend der regen geraeuschvoll auf die jacke prasselt, das hat schon was. Der weg zum hostel war ja nicht weit ... Oki Doki, gewissermassen ...

Uwaga! Das heisst "Achtung" auf Polnisch. Jetzt wird's wuescht! Aaaaaaaaaaaaa kein wlan ... Also, wlan schon, aber mein notebook will dennoch keine verbindung zum internet. Sieht wohl so aus, als waere ich ... Halt, stopp ... Da gibt's vielleicht noch rettung, hier im hostel gibts in der lobby noch internet-pcs ... Ha!

Ein bisschen pensionaer komm' ich mir jetzt doch vor, dass ich schon im bett lieg, in gesellschaft von unmengen e-spielzeug ... Andererseits, wie g'sagt, es ist das erste mal alleine ... An die zwischenmenschliche seite muss ich mich noch gewoehnen ...

Na gut, jetzt bin ich doch ein bissl grantig. Sollt' ich vielleicht nicht sein, aber wenn kein wlan verfuegbar ist, das notebook spinnt, und es mir mitten beim schreiben abstuerzt, dann darf ich's sein. *grummel*

Dennoch ... Grossartig ist's, einfach nur ...

Stephan

 

Da wird man dann wirklich urlopsreif ...

Komisch, wie farben alleine selbst ein tragisches ereignis ... umfaerben ...

Beim stadion ... Wo ist der russische markt ...?

Kleiner, trockener orgasmus im Colosseum von Warschau ...

Unter uns die Wisła, Praga vom rest Warschaus trennend

Russischer markt

Unglaeublich, vietnamesisches 'Pho' am russischen markt, mitten in Warschau ... Die welt ist klein ...

Schnellbahnstation

Ein bahnhof von innen ...

Jetzt wird's wuescht ... Der vietnamesisch-russische markt ...

Noch einmal der markt ... Ganz wilde stimmung ...

Warschauer?

Warschauer.

Ein paerchen in Praga ...

Eingang zum vietnamesischen ... Teil Warschaus ...

Und sie laechelte ...

Wir sind ja im katholischsten land europas ...

Nachbildung der "Ein-Saeulen-Pagode" aus Hà Nội mitten in Warschau

Aus karton wird wieder karton ...?

Stare Miasto bei tageslicht ... Sehr nett, alles wunderschoen hergerichtet. Aber ueberlaufen ...

Hard Rock und spitzenhoeschen ...

Warszawa Centralna, der hauptbahnhof quasi, mit dem lichtbespielten Marriot

Seltsame arrangements in der endlosen unterfuehrung des hauptbahnhofs

Im internetcafé, wie ein irrer tippend, zwei mal nachzahlend ...
Warschau // 22.03.2008

Von verfallsstadien, russischen Vietnamesen und getuerktem abendessen

Leicht verschlafen sitze ich bei einem der (freien) internet-terminals vom Okidoki-Hostel. Neun isses, das fruehstueck war einfach, aber lecker ...

Lessions learned: Schlafen in dorms braucht entweder gnadenlose toleranz aller umgebungsgeraeusche oder ein erhebliches schlafdefizit. Wir hatten natuerlich einen schnarcher im zimmer. Und was fuer einen. Manchmal hatte ich foermlich das gefuehl, das bett wuerde vibrieren. Und die Oropax, die ich sonst immer dabei habe, hatte ich dieses mal - natuerlich - vergessen.

Irgendwann so um sieben laeutete mein handywecker, dachte ich in dem moment, denn natuerlich hatte der typ im stockbett daneben das gleiche handy. Fantastisch, denke ich mir, drehe mich um und schon beginnt der andere wieder zu saegen ...

Um halb neun war dann tatsaechlich mein wecker dran, und ich hatte das seltene erlebnis, einer der ersten beim fruehstueck zu sein, kurze zeit spaeter war der raum mit reibeisenbeleuchtung rammelvoll. Deutsche, Amis, Japaner und ein paar unidentifizierbare ...

Das wetter hat sich leider nicht wirklich gebessert, wird wohl wieder regnen und so um die fuenf graeder haben ... Na, wenigstens bin ich da geruestet ...

[...snip ...]

Soda, wieder in zehn schichten gepackt wage ich mich ins feuchte Warschau, bewege mich zum stadtteil Praga, auf der anderen seite der Wisła (zu Deutsch: Weichsel), richtung osten also, ohne spezifische route.

Ich kann's nicht erklaeren, ich weiss nicht, warum ich so morbide drauf bin, aber es war so geil ... Dieser look des verfallenen, desolaten ... Das trashige aussehen der gebaeude und autos teilweise, da geht mir einfach einer ab ... Ich weiss schon, dass es hart sein muss, unter solchen bedingungen zu leben, aber ich find's einfach ... Schwer, dafuer das richtige adjektiv zu finden ... Einfach ... geil ... Motive ohne ende ...

Durch das schlechte wetter wirkt es noch ein bissl trister ... Wenige menschen sind unterwegs, immerhin keine touris in dem eck. Immer wieder schlagloecher, extrem viele graffitis, verschimmelte fassaden, zwielichtig wirkende laeden ...

Hinter mir taucht immer wieder die spitze des kulturpalastes und der anderen hochhaeuser der umgebung auf. Von der Wisła aus liegt dieser stadtteil auch um einiges hoeher. Warschau ist halt doch nicht ganz flach, aber irgendwie blendet man das beim betrachten der landkarten immer aus ...

Ach ja, der russische markt ist das ziel, er soll in einem alten stadion sein und einen wilden mix an waren anbieten. Und nachdem maerkte sowieso immer spannend sind, muss das einfach sein. Aber so leicht ist es nicht. Zwar finde ich das stadion, aber keine menschenseele ist zu sehen ...

Aber dafuer das stadion von aussen ... Wahnsinn, so was raeudiges hab ich noch nie gesehen ... Am parkplatz davor stehen lauter desolate autos, der asphalt ist an allen moeglichen stellen offen, schutt liegt rum und lauter verschlossene, verrostete marktstandln sind zu sehen. Dazu noch der bewoelkte himmel und die blattlosen baeume ... Eine irre atmosphaere ... Leider ist das stadion verschlossen und irgendwo hab ich einen wachmann gesehen ...

Schnell mal eine zigarette entzuendet und die reisefuehrer gezueckt ... "Lonely Planet" UND "National Geographic" verorten den markt an dieser stelle, und es ist noch nicht 12 uhr ... Kann ja nicht sein ... Nicht, dass es sinnlos gewesen waere, das hier ist eh der hammer, trotzdem ... Wenn man schon mal da ist ...

Also laufe ich weiter, rund ums stadion, und an der seite, da bei so einem monstroesen kommunistischen monument von sportlern, sehe ich eine stelle, um unauffaellig ins stadion zu kommen ......... seeeehr verlockend ...

Kurz umschauen, schnell los, an der absperrung vorbei klettern, drin bin ich, auf den aeusseren raengen ... Spannend, spannend. Erwischt mich die security? Oder werde ich in der einsamkeit ausgeraubt? Was waere das leben ohne nervenkitzel. Zudem trage ich eine knallrote jacke, bin also von weitem auf dem stadion zu sehen ... Egal ... Das ist zu gut ...

Quasi nur durch die kamera blickend torkle ich trunken zum rand der arena, halbwegs drauf achtend, nicht ueber den schutt zu stolpern. Und, oh mann, sorry, es wird wieder orgasmisch. Da ganz alleine in einem riesigen, halbverfallenen stadion zu sein ... Ueberall wuchern schon gras und gestruepp, ueber den oberen raengen auf der anderen seite ist die skyline von Warschaus financial district zu sehen ... Herrlich, da bekomme ich jetzt noch gaensehaut, wenn ich dran denke ...

Gut, jetzt bin ich also in diesem neuzeitlichen Colosseum (und der zustand des roemischen ist nicht viel schlechter), wie oft bekommt man schon die gelegentheit, sich mitten in die arena zu stellen, sich von imaginaerem publikum bejubeln zu lassen? Da, die menge rast, da muss ich natuerlich runterklettern, ueber stock und stein, durch glas und schlamm - wenn ich mich da verletze, bleib ich bis dienstag liegen. Was tut man nicht alles fuer seine paar minuten ruhm?

Da steh ich nun, mitten am fast noch gepflegt wirkenden rasen, hoere um mich nur leicht gedaempft den warschauer verkehr und die kraehen schreien ... Genial, absolut genial ... Zwar tauchen da oben ein paar typen auf, die wer weiss was im schilde fuehren, aber ich fotografiere weiter (schiele halt immer wieder hin, bereit, die beine unter die arme zu nehmen, sollten sie sich naehern, man weiss ja nie), wenigstens waer's ein grandioser platz, um ausgeraubt zu werden.

Zur enttaeuschung der tausenden fans muss ich aber weiter, der russische markt harrt noch seiner entdeckung, da mag er sich noch so gut verstecken.

Ein stueckchen weiter finde ich ihn auch schon. Aber: Russisch? Gut, ein paar kyrillische schriftzeichen sind zu sehen, aber sonst ausschliesslich asiatische verkaeufer, mich beschleicht sogar das leise gefuehl, dass es Vietnamesen sind. Leider ist nur wenig los, die meisten laeden sind schon dicht, so dass ich schwer unauffaellig fotografieren kann.

Ein security-typ weist mich aber ohnehin drauf hin, dass ich hier nicht fotografieren soll. Brav nicke ich, frage, ob das ueberall am markt gilt oder nur hier - er meint ueberall, spricht aber nicht genug englisch, um mir zu verklickern, warum. Kommt mir spanisch vor, auf einem markt?? Nicht fotografieren?? Schraeg ... Na ja, kaum ist er ausser sichtweite, knipse ich natuerlich weiter, es ist ja sooo cool ... Ein leichter backflash an Việt Nam ereilt mich, nur dass die leute hier dick eingepackt in ihre wintersachen sind und irgendwie nicht so viel laecheln. Dafuer kommt die sonne raus, es wird waermer, es ist wunderbar.

Dann biege ich in einen "seitengasse", passiere ein paar laeden, und siehe da, es sind tatsaechlich Vietnamesen, zumindest ist alles in Vietnamesisch beschriftet. Bin total geplaettet, es riecht sogar ein bissl wie dort. Und dann sehe ich, dass in einer der strassenkuechen "Pho" angeboten wird, ein nationalgericht in Việt Nam, eine art nudelsuppe.

Gut, ich bin in Polen, sollte endlich mal was hiesiges probieren, aber so eine gelegenheit auslassen? Also setz' ich mich da rein, in einen winzigen raum, mehr ein verschlag, direkt an die kueche grenzend, als einzelner gast und wahrscheinlich erster tourist und bestelle mir so eine Pho ... Waehrend die Vietnamesen ungeruehrt weitermachen ... Irre ... Sitze ich da im kalten Warschau, mitten in Europa, am Russischen markt und esse Pho ... Schmeckt auch noch genauso wie dort, inklusive Lemongras.

Also wieder gaensehaut ... Himmlisch, unbeschreiblich ... Dazu das polnische piwo Żywiec ... Sie haben hier auch die chilisauce, die wir immer benutzten ... So viele erinnerungen kommen hoch ... Und wieder hoert es sich so an, als wuerden gummiringe reden koennen, wenn sich die Vietnamesen miteinander unterhalten ... Als eine am "lokal" vorbei kommt, macht sie sogar kurz halt, ihren augen wohl nicht trauen koennend, dass da eine langnase sitzt ... Schraeg, das alles, nicht nur fuer sie.

Als ich weitergehen will und die frechheit besitze, die lokalitaet noch zu fotorgafieren, werde ich von seiner sicherheitstussi tatsaechlich noch einmal aufgefordert, das doch bitte zu unterlassen. Auch ihr mangelt's an englischkenntnissen, um zu erklaeren warum. Dafuer ist sie hartnaeckiger und verfolgt mich. Auch ein kollege gesellt sich zu ihr. Spinn' ich? Da spaziere ich durch einen markt, mit zwei moechtegerncops auf den fersen, weil ich es wage zu fotografieren ... Das ist ja tiefster ostblock hier. Also, eh schon wissen, wie ich's meine. Natuerlich fotografiere ich im gehen weiter, man hoert's ja nicht. Und auch wenn die fotos nix werden, dem kann ich mich nicht unterordnen. Laecherlich.

Irgendwann wird's den beiden dann doch zu oed und sie lassen ab von mir. Und der markt ist noch immer nicht zu ende, ein riesending ... Zwischendurch gehe ich in den lokalen bahnhof ... Mann, die gegend ist hier vielleicht trashig, genauso haette ich mir Warschau vorgestellt, nur halt vor dem fall des kommunismus. Ganz anders also, als in der "Altstadt" oder um den Kulturpalast ...

Und auch der markt wird vom erscheinungsbild immer heftiger ... Total raeudig, im schlamm gebaut, verschmilzt er teilweise mit dem busbahnhof ... Wieder herrscht eine ganz eigene, fast schon unwirkliche atmosphaere ...

Erinnert mich ein bissl an Mũi Né (an der suedkueste von Việt Nam), an den strand mit den hunderten fischerbooten und den zum trocknen ausgelegten fischen ... Irgendwie anarchisch ... Ganz schwer zu schildern ... So etwas muss man erlebt haben ... Ein leicht rauschartiges gefuehl ... Feigerweise fotografiere ich weiter aus der huefte, man will ja doch keine schwierigkeiten ... Hoffe, die fotos werden was ...

Nun wird's zeit fuer einen kaffee und eine zigarette, um das ein bissl zu verdauen ... Bewege mich also wieder richtung "Altstadt", aber natuerlich zu einer anderen bruecke, will ja noch was neues sehen. Und hoffe auf ein einfaches, touristenfreies cafe.

Statt dessen stosse ich auf ein - man kann's nicht anders sagen - ein vietnamesisches ghetto. Ein klassischer tempeleingang weist das eingemauerte gebiet auch als etwas vietnamesisches aus, weiss nicht genau, was, verstehen kann ich nicht, was drauf steht. Jedenfalls gehe ich rein, schwer verbluefft so etwas hier zu finden ...

Der eingang ist noch recht huebsch, mit so einem typischen drachendings, die altbekannten gerueche treiben wieder auf mich zu, aber als ich dann durch ein weiteres tor gehe, wirkts beaengstigend aermlich. Leute sehe ich keine, aber irgendwer muss doch hier leben ...? Weiter komme ich gar nicht, ein security verweist mich des platzes. Das wird irgendwie zur unart hier, kann ja nicht sein ... Haben die was zu verbergen ...? Das elend hier? Was soll das?

Ein paar schritte und x fotos weiter traue ich meinen augen nicht, da ist jetzt auch noch ein vietnamesischer tempel ... Fast traue ich mich nicht, den zu betreten, will nicht wieder von einem sicherheitsheini rausgeworfen werden, aber ich kann nicht widerstehen, der geruch von raeucherstaebchen weht rueber, und der trip nach Asien war voriges jahr so geil ...

Und wieder rast ein riesiger schwall an erinnerungen auf mich ein, irre, was reisen bewirken kann ... Sie haben sogar die "Ein-Saeulen-Pagode" aus Hà Nội nachgebaut ... Wahnsinn, wie klein die welt manchmal ist ... Wuerden da nicht die Warschauer plattenbauten im hintergrund zu sehen, ich wuerd mich glatt nach Suedostasien versetzt fuehlen ... Was fuer ein tag, so viele ueberraschungen ...

Ueberraschenderweise laesst mich mein glueck dafuer beim suchen nach einem cafe im stich ... Es taucht einfach kein's auf ... Und nun bin ich schon den halben tag ohne pause unterwegs ... Zum chillen im freien ist es halt doch zu frisch ... Langsam wird's anstrengend ...

Ich hab da einen verdacht ... Naemlich den, dass es eine heimliche allianz zwischen Polen und Schweizern gibt ... Zwar versuchen sie's zu vertuschen, aber ich bin schlauer. Hier wird zwar nicht diese "li"-manie betrieben, aber 'tschuldigung, die endung auf "y", wo ist der unterschied? Zum beispiel "Farby" oder "Lakiery", auch noch aus dem deutschen uebernommene Worte ... Bei "Fajerwerki" bin ich mir nicht sicher, ob es bedeutet, wonach es ausschaut ... Aber ich meine ... Vormachen lasse ich mir da nichts!

Und dann war da dieses kind in einem karton, das in einem innenhof rumgelaufen ist ... Ob die da unsere Oekobox etwas miss- oder uminterpretiert haben ...? Von wegen aus karton wird wieder karton (h-hm-h-hm-hmhm, scheuslich, wenn einem eine melodie nicht aus dem kopf geht) ... Ein versuch der fortpflanzung durch zellteilung? Erhofft man sich, das aus dem kind noch eins wird, ohne den unbillen der schwangerschaft (verzicht auf sex und so)? Jedenfalls ist er/sie/es mir wildgrinsend (so weit das durch die kleine oeffnung im karton ersichtlich war) nachgelaufen. So was kann nicht gut gehen. Uiuiui ...

Mittlerweile hab ich auch schon wieder die "Altstadt" erreicht, mich vom touristenstrom mitreissen lassen ... Sicher, es ist schoen hier, alles renoviert ... Aber nach dem spaziergang durch Praga fuehl ich mich hier irgendwie fehl am platz, ertrinke in den vielen menschen ...

Argl! Eigentlich wollte ich endlich einen kaffee trinken, in der hoffnung, mich irgendwo in die mittlerweile (und gerade noch) recht warm scheinende sonne setzen zu koennen, doch nirgends gibt's einen schanigarten. Schade, schade ...Und in so ein touristencafe will ich mich nicht setzen.

Dabei tut mir mittlerweile eh alles weh, bin seit sieben Stunden ununterbrochen unterwegs ... Nix, mein Starrkopf ist staerker, ich laufe leicht unbefriedigt weiter. Deppat. Selbst schuld. Kein Mitleid. Doch da erblicken meine mueden augen den blauen schriftzug "coffeeheaven" ... Es gibt ihn also doch ...

Nachdem in blickweite ohnehin nur andere ketten dieser art sind, und ich nicht mehr sicher bin, ob meine beine auch machen, was ich will, falle ich da rein, und lasse mich zu einem cappuccino nieder. So erleichtert hab ich mich lange nicht gefuehlt ... Und der Kaffee ist sensationell, macht dem namen seines shops alle ehre ... Dazu noch ein extrem gemuetliches sofa ... Oja, kinder, das ist leben ...

Doch die euphorie ist verhaengnisvoll, die entspannung geht zu weit. Ich verliere die kontrolle ueber meine haende und schwups schuett ich mir den grenzgenialen kaffee ueber meinen linken aermel. NIE, nie patze ich mich sonst an. Und dieses mal, ausgerechnet dieses mal, wenn ich auf alle reservekleidung verzichtet habe, regnet"s wie aus schaffeln, latsche ich im schlamm rum und bin zu bloed um kaffee zu trinken. Das gibt ein b'dumb, herr Tom und ihro Grausamkeit, erinnern sie mich daran. Immerhin, da ich zwanzig schichten an kleidung anhatte und erst der koffeinsucht nachgeben musste, bevor ich mich der oberen entledige, wurde ich wenigstens nicht bis zur haut nass. Aber um den kaffee war's schad, sowas von ...

Einen weiteren supermuschiguten cappuccino spaeter geht's weiter, es gibt ja noch sooo viel zu sehen ... Eigentlich waere ja jetzt der elefant in spitzenhoeschen angesagt gewesen, beziehungsweise dessen besucherterrasse, um endlich die stadt von oben zu sehen. Doch die ist genau ueber ostern gesperrt. Na suppa. Und zwar seit heute, gestern haette ich noch rauffahren koennen, aber ich wollte ja besseres wetter. Knurr. Warschau macht's mir nicht leicht ...

Weiter zum zentralbahnhof, Warszawa Centralna, einem leicht haesslichen sechziger jahre bau, der in dieses ohnehin schon sehr beliebig wirkende sammelsurium an monumentalgebaeuden ganz gut passt. Ein riesiges ding jedenfalls, vor allem unterirdisch, mit ungefaehr einer million kebap-laeden und sicherheitsbeamten und doppelt so viel geruechen ...

Zum schauen gibt's genug, ich entdecke auch ein hinweisschild zu einem polnischen restaurant, "Kuchnia Polska", mit dem zusatz "24h" versehen. Hervorragend, ist zwar ein kleines lokal, sieht auch bahnhofsmaessig aus, aber es ist hier, ich bin hier, ich bin hungrig, also auf. Erwartungsvoll mache ich die tuere auf - und werde gleich abgewimmelt. Man hat geschlossen. Hm. Ich versinke in einer gruebelei ueber die moeglichkeiten, "24h" zu interpretieren. Werde noch berichten, was mir dazu eingefallen ist.

Schoen. Man ist flexibel. Weil vor allem hungrig. Was laege naeher, im wahrsten sinne des wortes, als kebap? 1001 zur auswahl ... Letztlich lande ich in einem laden namens "Kabul Kebap", bestelle mir ein kebap pita. Man spricht zum glueck wieder englisch. Sehr, sehr lecker das ding. Und richtig multikulturell mittlerweile. Morgen gibt's aber trotzdem was polnisches!

Hinter mir sitzen norweger, die sich angeregt unterhalten, den tisch teile ich mit einem schweigsamen polen und daneben ist eine unscheinbare frau, die ich am liebsten die ganze zeit beobachten wuerde, so eigen sind ihre bewegungen ... Womoeglich, weil sie sich der blicke anderer bewusst ist, sie das irritiert ...?

Tjo, und jetzt bin ich in einem internetcafe nahe dem bahnhof (die stunde kostet 1 euro, der kaffee ebenfalls), im grellen licht der strassenbeleuchtung und der logos von LG, Bosch, Olympus, Novotel etc. Von vorne blitzt gelegentlich die reflexion des gigantischen Samsungmonitors auf dem dach ... Ueberall das stumme tippseln der anderen gaeste, schummriges licht - aber moderne geraetschaften, nicht dass da ein falscher eindruck entsteht. Dazu noch heisser kaffee ... Okay, alleine reisen ist aufregend, aber mit anderen unterwegs zu sein, das ist dann halt doch besser ... Liegt vielleicht aber auch nur an den sentimentalen schnulzen, die da gespielt werden ...

Wenn ich fuendig geworden bin in sachen "24h" (wer hilft?), beginne ich zu eruieren, was man unter "sich kurzfassen" so im allgemeinen versteht und wie man gegen verbaldiarrhoe vorgehen kann. das nimmt ausmasse an ...

Uaaa, grade spielt's Roxette ("She's Got The Look") ... Da muesste jetzt eigentlich Chris die gaensehaut bekommen, der hat deren tracks in den 80ern auf und ab gespielt ... Hab' ich heute schon mehrfach gehoert ... Und wenn ich mich recht erinnere, hat's die neben "Ace Of Base" auf der russlandtour anno 2006 auch staendig gespielt ...

Und der Kaffee ist alle. Seufz. Das leben ist ungerecht.

Aber ein gutes, altes Coke tut's auch, sitze nun seit zwei stunden hier und schreibe ohne unterlass. Voellig gaga. Dazwischen trudeln immer wieder smsen von Chris aus Florida, S&M aus Sofia und unseren Eltern aus Wien ein, ab und zu auch eine von Frank aus Zuerich ... So geil, diese zeiten, diese moeglichkeiten ... Alleine? Alleine, das ist anders.

Und immer wieder gesellen sich erinnerungen an New York hinzu, schon alleine ja, weil der Kulturpalast wie ein Wannabe-Empire-State-Building aussieht, dann auch, weil die polizei hier einen aehnlichen sirenenton hat, wie das NYPD (grade ist naemlich eine hier vorbei gerast) und zu allem ueberfluss spielt's auch noch groesstenteils US-schnulzen, grade war Wham dran.

Kaum zu glauben, ich bin fertig, hat ja nur drei stunden gedauert. *raeusper* Falls denn irgendwer bis hier her gelesen (und bitte ned nur runtergescrollt, ja, das giltet ned, ja!) hat, vielen dank fuer die geduld, alles liebe und gute nacht, ich schau mal ins lokal vom hostel ... Okidoki?

Wuerdiger abschluss ist das ... Noch im hosteleigenen beisl zu sitzen, bei guter, wenn auch etwas lauter musik, in gesellschaft der gaeste aus allen moeglichen laendern, bei bier und tschick den rest zu tippen und fotos auszusortieren ... Das leben hat schon viel zu bieten, sehr viel ...

Stephan

 

Warschau am morgen

Verzweifelt auf der suche nach fruehstueck, mitten im Centrum

Warten auf die bim ...

Man passt zusammen

Der 'Bazar ne kole', geschlossen

Amen

Der spitzenhoeschen tragende elefant ahnt nicht, wie muehsam es ist, am ostersonntag ein ticket fuer die metro(!) zu besorgen ...

Warschauer metropolitaner ...

Der markt "Hala Mirowska", geschlossen

Klassisch ...

Geiz ist hier besonders geilski

Grundnahrungsmittel sind natuerlich immer erhaeltlich.

Jesus, der ist ueberall. Aber wo ist ein lokal, verdammt!

Durchblick in Praga

Wilde kontraste ...

Weitere verfallsstadien ...

Überall verstecken sich winzigkleine ueberraschungen

Kontraste, erwähnte ich schon, oder?

Abendessen im 'London Steak House'

Schreibseln, bier & tschick, Oki Doki
Warschau // 23.03.2008

Es ist ein Kreuz, mit Ostern

Warum McDonald's der Himmel ist, viel Laufen doch zur Hölle werden kann und sich polnisches Essen konsequent verweigert. Und wie kompliziert es sein kann, U-Bahn zu fahren.

Das Frühstueck im Hostel war gestern zwar okay, aber heute muss es einmal etwas anderes sein - eventuell ein Abstecher zum Coffeeheaven, wenn schon der Himmel nicht mitspielt und es heute wieder kühl und gräulich ist. Schließlich gibt es die Kette überall, war mir gestern aufgefallen.

Die Folge war stundenlanges Herumirren. Zuerst wollte ich mit der Metro fahren, eine Station nur, um sie zu auszuprobieren und anzusehen. Aber woher ein Ticket nehmen? Keine Automaten, alle Geschäfte - geschlossen. Das sollte sich noch zum Running Gag entwickeln, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Also zu fuss weiter zur station centrum, wo ich einen kaffeehimmel vermutete - natuerlich ohne erfolg, grade dort gibt's keinen. Sonst ist alles ausgestorben, nichts hat offen. Weiter richtung Warszawa Centralna, und da ist auch tatsaechlich eine filiale - aber natuerlich geschlossen. Auch alle laeden in der riesigen unterfuehrung des bahnhofs, die tausenden kebap-lokale - geschlossen.

Was zum ... Ich mein' ja, Ostern ist, ein hoher feiertag der katholen, aber was ist mit einem armen, hungrigen pilger, dessen mission es ist, der welt von der faszination des reisens zu berichten? Was ist mit der naechstenliebe? Koennen nicht ein paar leut' hackeln am feiertag?

Zum glueck ist der hunger noch nicht so gross, also denke ich mir, dass ich einfach mal zu etappe eins, dem "Bazar na kole" fahre, dort wird's schon irgendwas geben. So dieser wenigstens offen hat. Die richtige bim zu finden ist schon mal nicht so einfach, von fahrscheinautomaten, die's einfach nicht gibt, oder einem schalter, an dem man sie besorgen kann, ganz zu schweigen.

Also fahre ich schwarz. Mit der linie 24 zur station Dalibora. Schon ein bissl stinkig, weil so ein kleines huengerchen haett' ich schon. Zwar kommt zwischendurch auch mal die sonne durch, aber insgesamt wird auch das wetter immer duesterer. Immerhin seh' ich eine tankstelle mit angeschlossenem café ... Schlimmstenfalls ...

Na und dann, beim Bazar. Rate mal. Geschlossen. Juhu, ganze fahrt umsonst. Also zurück, kack' auch die tankstelle, dann lieber noch ein versuch bei kentucky fried chicken, pizza hut, irgendwas, hauptsache fruehstueck. Ich brauche einen kaffee, mann!

Rate mal. Auch alles, wirklich alles geschlossen. Nichts. Nada. Bin ich zum verhungern in der polnischen hauptstadt verdammt? Bissl hysterie muss jetzt schon auch sein. Da akzeptiert man eh schon die meteorologischen gegebenheiten und nun das. Ich renn' ja gerne durch die stadt, aber neue rekorde muss ich nicht aufstellen.

Eine möglichkeit gibt's noch - denn selbst die kleinen greisler, die sonst immer offen haben, die "Delikatesy"-shops haben zu. Nur die laeden, die spirituosen anbieten (und sonst nix), scheinen alle offen zu haben. Aber gut, grundbedürfnisse muessen bedient werden, grade auch zu religiösen feiern, verstaendlich.

Diese eine hoffnung, die goldenen boegen, die 24 stunden geoeffnet haben sollten, direkt in der naehe des hostels ... Die haben tatsaechlich offen. Auf die amis ist eben verlass. Die scheissen sich nichts um die religionsangehoerigkeit ihrer angestellten, da geht's nur um cash. Gelobt sei der kapitalismus, wenigstens werde ich satt, hoch lebe Ronald McDonald, amen. Mann, ist das ein feines gefuehl, mit heisshunger in einen burger zu beissen, die french fries dazu zu stopfen, einen cappuccino nachzuschuetten... Und dann sauber aufs klo gehen zu koennen. Was braucht mensch mehr?

Hochmotiviert geht's weiter, da waere noch der tipp mit der gruenen bibliothek, aber da das wetter nicht so grossartig ist, schiebe ich eine metrofahrt zu einem weiteren markt ein. Man ist ja hartnaeckig. Aber. Ha! Leicht gesagt. Versuch' einmal, mitten im Centrum von Warschau am Ostersonntag ein ticket fuer die metro zu bekommen. Gibt's naemlich nicht. Auch dort, keine automaten, kein laden offen. Eine freundliche passantin empfiehlt mir den zeitungskiosk. Bloss welchen? Alle geschlossen. Letztendlich finde ich ihn dann doch, und halte es in haenden, das ticket fuer die ubahn ... Unglaeublich.

Oh, und da haetten wir wieder einen kandidaten fuer die brandmanager von T-Mobile und Fiehlmann. Teile der ubahn-station sind in augenbetaeubendem magenta gehalten. Uaaa. Zum glueck hab ich schon gegessen.

Dann geschieht das kleine daily wonder, Martina schickt mir eine SMS, dass sie ein bissl was von der sonne abgibt, die sie in Sofia waermt. Schoen waer's, aber hier isses nur grau in grau. Aber als ich dann die metro wieder verlasse, reisst's wirklich grade ueber mir auf ... Sie ist halt doch mein reiseschutzengel. Sehr gluecklich lege ich mich auf eine bank, geniesse sonne und zigarette ... Herrlitsch.

Dass sich die wolkendecke gleich wieder schliesst, ist nicht nur verkraftbar, sondern war auch zu erwarten. Muss eh weiter, zum markt "Hala Mirowski" spazieren, von "Lonely Planet" und "National Geographic" empfohlen, es gibt dort auch food. Der hat - rate mal - natuerlich ebenfalls geschlossen. Ist aber von aussen trotzdem toll anzusehen, in seinem verfallsstadium. Vor allem im kontrast zu all den modernen hochhaeusern, die sich unweit erheben.

Gerne wuerde ich mal ein paeuschen einlegen, ein bier oder einen kaffee trinken, aber falls dann doch mal ein lokal am weg liegt, ist es natuerlich auch geschlossen. Also auf nach Praga, ueber die Wisła, dort soll's laut reisefuehrer eine alternative lokalszene geben, die koennen sich doch nicht auch dem allgemeinen trend unterordnen. Ausserdem muss ich mein 24-stunden-oeffi-ticket nutzen. Mit der bim fahren ist hier eh schwer in ordnung, es kommen staendig welche.

Aber hier ist es auch nicht anders. Zwar wieder vieles in spektakulär verfallenem zustand, im sinne der motive auf jeden fall nicht umsonst, aber die lokale sind alle - geschlossen. Ostern und eiersuchen, ja, fein, das gehoert halt irgendwie zusammen, aber auch einen platz zum rasten? Um einfach mal in einer wiese oder auf einer bank zu chillen, dazu ist es noch zu frisch - trotz all der schichten an kleidung gehoert halt doch die permanente bewegung dazu, um nicht zu frieren. Und das macht ja auch spaß, durch die stadt zu laufen, aber so lange, ununterbrochen ... Das geht dann schon ins kreuz und auf die füss'.

Auch hier gibt's einen russischen markt, der zwar eh geschlossen haben wird, aber wenn man schon mal da ist ... Und dann: Rate mal ...

Ehe es mir zu wuescht wird, ordne ich mich unter und begebe mich zurueck in die altstadt. Eine pause muss jetzt mal sein, letzte hoffnung ist der coffeeheaven in der "Nowy Swiat", wo ich schon gestern diesen himmlischen cappuccino hatte, der nicht mitten in der touristenzone liegt ... Doch halt! Ich war mir auch selbst osterhase und hab die akkus fuer die kamera im hostelzimmer versteckt, und der eine, den ich grade mithabe, geht zu ende ... Ergo, Oki Doki, eh klar.

Aber dann, voller hoffnung zum coffeeheaven ... Und der ist: Offen. Man glaubt es kaum. Franchise sei dank. Tourimassen sei dank. Was fuer ein (nicht unbedingt billiges) geschenk fuer meine mueden glieder.

Das mit dem alleinereisen ist so eine sache, wenn man lokale besucht, und halt einfach mal pinkeln gehen muss. Diverse wertsachen hat man ja doch bei sich. Aber immer mit sack und pack aufs klo? Macht man das, führen die verrenkungen zu geraueschen, die andere leute verschrecken koennten, da die restraeume ihrem namen halt doch gerecht werden. Was also tun? Die kamera nehm ich dann halt doch mit, ansonsten hoffe ich drauf, dass die welt im grossen und ganzen doch eine gute ist ... Bisher hatte ich glueck damit ...

Papa hat mir da ein tolles polnisches lokal empfohlen - zeit wird's, mal die einheimische kueche zu testen. Aber, auch wenn's mir schwer fällt, das zuzugeben, das ist ur weit weg ... Und ich kann nimma ... "Lonely Planet" bietet noch das "Restauracja Polska" an, das quasi gleich ums eck ist, traditionelle polnische kueche bietet und von einheimischen grade zu festivitaeten aufgesucht wird. Das MUSS doch offen haben ...

Fatalistisch mache ich mich auf den weg, mir plan b, c und d ueberlegend. Irgendwie moechte ich noch nicht im hostel enden und hunger verspuere ich durchaus, aber an kraeften, noch lange durch die stadt zu wandern, mangelt's halt doch.

Und: zu. Natuerlich. Wie du's erraten hast. Der hysterische grinser, der mich in dem moment ueberfaellt, waere wohl fuer einige grund genug gewesen, mich einzuliefern. Aber ich hab's ja eh gewusst. Man muss es halt versuchen. Gleich ums eck ist das "London Steak House". Amerikanisch, vietnamesisch, türkisch. Okay. Dann eben jetzt auch britisch. Auch wenn's im "Lonely Planet" unter den teuren lokalen steht. Drauf geschissen, jetzt bleib' ich konsequent.

Vorbei an einer roten telefonzellen, einer Bobby-schaufensterpuppe gehts in einen british tapezierten gastraum, alles leicht nobel angehaucht, mit sehr eifriger bedienung, natuerlich nur touristen. Aber das passt jetzt, hatte es mir genauso ausgesucht, und irgendwie ist es genial. Das steak und vor allem der knoblauchdipp ist grandios, der preis dafuer aber auch. Man schweigt und geniesst. Immerhin das Bier und die nachspeise sind polnisch, der cappuccino kann dafuer dem himmel nicht den rang ablaufen, im gegenteil.

So, und das wär's ja auch schon fuer heute. Gemuetlich zurueck zum hostel marschieren, angefuellt bis oben hin, bereit, um zu berichten - was heisst, es geluestet mich danach, wie man merkt.

Es mag zwar den anschein von viel arbeit erwecken, ist es ja irgendwo auch, aber in der atmosphäre ... Sitze ja jetzt grade in der hosteleigenen bar, die italiener am nebentisch spielen gitarre und singen dazu, zuvor lief der soundtrack von kill bill, die stimmung ist also unglaublich gut. Und seltsamerweise fuehle ich mich, obwohl nur stur (besessen?) auf die tastenhaemmernd, mitten drin, nicht nur dabei. Ein bier steht am tisch, die zigaretten liegen bereit und rund um mich herrscht ein babylonisches sprachgewirr ... Besser koennten die 'arbeits'-bedingungen gar nicht sein ... Kurzzeitig machte auch eine shisha die runde ... Muss ich noch mehr sagen ...?

Quasi glaub ich, dass ich mich dran gewöhnen könnt' ... Trotzdem blick' ich freudig vorwärts zum Trip mit Chris nach Dublin ... Denn das zu teilen, nicht nur durch die hier hingefetzten worte, wäre halt die vollendung ...

Stephan

 

Polnischer gabelbissen

Wolkenkratzer

Lecker Żurek in der Kuchnia Polska

Es ist offensichtlich kalt

Tauben & elefanten

Metropolitaner

Herrlich ...

Neu ...

... und alt.

So holt man sich einen rüffel

Citypoint, Vienna ... It's a small world ...

Man beachte bild nummer drei ...

Checkin ...

Spät aber doch ...

Good bye, Warsaw!
Warschau // 24.03.2008

Good bye, Le'Nin

Juhu. Jetzt schneit's auch noch ... Zumindest fürs auschecken gehe ich in den verdrängungsmodus. Das hätt' ja nicht sein müssen. Will ja kein weichei sein, aber irgendwann nervt die kälte halt doch. Ich beschliesse, das mit einem kleinen souvenirkaufrausch an der hostel-rezeption zu kompensieren.

Und spreche die grade amtierende rezeptionistin drauf an, ob das eigentlich immer so ist, dass Warschau sich so verschlossen gibt, oder ob das nur zu Ostern so ist. Anscheinend habe ich da tatsächlich pech gehabt, denn an normalen wochenenden wäre das viel besser, es täte ihr leid, dass die stadt nicht bedenken würde, dass da auch noch touristen kämen. Schnell beschwichtige ich, wollte ja nur anmerken, nicht kritisieren, kann sie ja letztendlich nichts dafür.

Rasch noch das gepäck für die letzten paar stündlein verstaut und nachgefragt, ob's denn in etwa möglich wäre, vorherzusagen, wo man frühstück bekommen könnte, aber es sieht so aus, als würde es wieder ein glücksspiel werden.

Das glück hat sich aber wohl auch selbst eine auszeit gegönnt. Denn selbst mein fels in der brandung, die letzte bastion, der 24h McDonald's am Plac Młyanarskiego hat geschlossen. Schon hab' ich meinen glauben wieder verloren. Ronald McDonald, der Pharisäer. Zusammen mit dem schnee und der totalen verschlossenheit fühlt man sich dann fast ein bissl verlassen, würde man dieses gebiet nicht schon fast auswändig kennen und sich schon ein bissl zuhause fühlen.

Erst in der nähe von Warszawa Centralna werde ich fündig, suche den coffeeheaven-Starbucks-klon "Café Voyage" auf. Was ja irgendwo auch ganz gut zum tag der abreise passt. Allerdings muss gesagt werden - auch wenn kaffee und croissant gut waren - mit dem himmlischen cappuccino kann nicht mitgehalten werden. Ich fürchte, ich habe eine lebenslange prägung/schädigung davon getragen. Ob coffeeheaven mal nach Wien kommt ...?

Nach verlassen des etwas zugigen lokals - was jetzt keine billige metapher auf die nähe zum bahnhof sein soll, sondern ein klimatischer fakt - scheint die stadt langsam doch ihrer religiösen ereiferung zu entwachsen, zunehmend mehr geschäfte öffnen ihre pforten, mehr leute strömen auf die straße. Gefühlsmäßig würde ich sagen, dass dann wenn ich zum flughafen unterwegs bin, alles wieder offen hat. Jaja, verhöhnt mich ruhig.

Angesichts des schneefalls bleibe ich noch ein bissl in der unterführung und halte ausschau nach potentielen souvenirs, jetzt wird's schliesslich eng. Ein klein wenig fündig werde ich bei so einem ramschladen, der vom taschenmesser übers feuerzeug bis hin zu miniaturen vom kulturpalast das übliche zeug anbietet. Viel zu umständlich erkläre ich der verkäuferin, was ich haben will.

Eine ecke weiter stelle ich entzückt fest, dass dieses 24h lokal, "Kuchnia Polska", das vorgestern geschlossen hatte, nun wieder geöffnet war. Jetzt oder nie, war die devise. Denn hungrig bin ich ja nun doch noch nicht. Aber in zwei stunden muss ich zum flughafen, die wahrscheinlichkeit, noch eine andere gelegenheit zu finden, war mir zu gering. Ein supperl müsste sich ausgehen.

Schnell reingesetzt in die rustikale gaststube, nochmal die wichtigsten phrasen im reiseführer nachgeguckt - endlich bin ich so weit aufgetaut, dass ich die üblichen redewendungen in polnisch und nicht reflexartig auf englisch bringen kann. Besser spät, als nie!

Es dauert ein bissl, bis ich sicher bin, in einem selbstbedienungslokal zu sitzen und mich doch zum bestellen zur theke begebe ... Auf Żurek, eine suppe, die auch im hostel angepriesen wird, fällt die wahl, dazu gibt's ein warmes Coke.

Aufs essen wartend, stelle ich ein unheimliches phänomen fest: Als ich kam, war ich fast der einzige gast, nun ist fast jeder tisch belegt. So geschehen auch im Café Voyage und am abend davor im London Steak House. Angst! Werde ich verfolgt ...? Bin ich der protagonist einer matrix, der als einziger nicht weiss, dass er auf schritt und tritt beobachtet und verfolgt wird? Zum glück wird bald die suppe serviert und die gedanken ertrinken in der geschmacklich interessanten, aber ansonsten eher unspektakulären brühe.

Der weitere plan ist, je nach wetterlage (ich bin ja noch immer im untergrund), entweder ein bissl mit der metro und anderen öffis rumzugurken, oder wenn sich der niederschlag in grenzen hält, zum Pałac Belweder zu fahren. Was ein bissl weg vom trash wäre - ausserdem leben S&M in der nähe vom wiener Belvedere, das wäre also ganz witzig.

Aber erst einmal ein intermezzo mit vögeln. Ich kann einem rudel tauben nicht widerstehen, die wie schon an den tagen davor ihre konspirative versammlung bei der straßenbahnhaltestelle vor dem bahnhof abhalten. Obwohl uns allen kalt ist und ein gewisser hang zum kuscheln da ist, jage ich sie von links nach rechts, oben und unten, um ein paar nette motive zu bekommen. Mitten in den trubel gerät eine verlorengegangene touristin, die mich nach dem flughafenbus fragt. Mit vor stolz mindestens so geschwollener brust wie die vor kälte aufgeplusterten tauben kann ich ihr da auch tatsächlich helfen.

Das sollte auch nicht meine letzte aktion als neo-einheimischer sein. Bei der metro stoße ich wieder auf verloren wirkende touristen, die ratlos vor dem bankomaten in der station stehen, wohl ebenso wie ich tags zuvor auf der suche nach einem ticketautomaten. Da lass ich mir nicht nehmen, offensiv zu werden und ihnen vom zeitungsstand an der kreuzung zu berichten.

Anschliessend bin ich dann vornehmlich mit der ubahn unterwegs, um selbige auf speicherkarte zu bannen - grade die alten züge schauen sehr fein aus und erinnern frappant an jene aus Minsk, Moskau oder New York. Die stationen selbst sind etwas öd. Kurz darauf mache ich mich dafür auch unbeliebt, als ich das waggoninnere samt passagieren ablichte - glaube ich zumindest. Jedenfalls kommt ein älterer herr zu mir und schimpft auf mich ein, ignorierend, dass ich ihm zu verstehen gebe, dass ich nix verstehe. Eine fahrgästin schüttelt nur den kopf und meint wohl, dass er nicht alle tassen im schrank hätte.

Mit dem Belweder wird's dann leider nichts, die zeit rast und es erschliesst sich mir an der betreffenden metro-station nicht gleich, welche richtung ich einschlagen muss. Dafür prangt auf der werbetafel eines bauunternehmes die grafik vom Citypoint, Vienna, dem gebäude von bwin, meinem arbeitsplatz. Ich arbeite ja wirklich sehr gern' dort, aber im urlaub muss man nicht unbedingt dran erinnert werden - schon gar nicht in so absurd-zufälliger form. Lustig ist es natürlich trotzdem.

Zurück geht's, Oki Doki, die finalen minuten sind angebrochen. Wie prophezeit öffnen allerorts die läden ihre pforten, Kentucky Fried Chicken und Pizzahut frittieren wieder - und der coffeeheaven am Plac Młyanarskiego ist ebenfalls wieder zugänglich, vergönnt mir einen genüsslichen abschluss. Warschau ist absolut eine tolle stadt, österliche verschlossenheit hin oder her, aber der kaffee wird mir wirklich am meisten abgehen.

Voll bepackt wandle ich zum flughafenbus, leicht betrübt, die stadt verlassen zu müssen, ausgerechnet jetzt, da mich langsam so richtig dran gewöhnt hatte. Den bus erwische ich noch im letzten moment, aber auch nur, weil die fahrerin - zwar eine grimasse ziehend, aber immerhin - noch bei der ampel stoppt, um mich reinzulassen. Man kann nix sagen, hilfsbereit und/oder freundlich sind sie schon, die Warschauer.

Beim flughafen muss ich mich dann erst zum richtigen terminal durchfragen, denn die billigairlines fliegen natürlich nicht vom großen, neuen Trakt, sondern haben ihr eigenes, winziges, abgeschiedenes, a bissl räudiges gebäude - terminal Etiuda. Sehr unwürdig.

Dafür klappt das einchecken flott und mir bleibt noch zeit, um rasch das observationdeck (bissi langweilig, weil gar nix los) aufzusuchen, briefmarken zu kaufen (nur um festzustellen, kein geld mehr zu haben und noch einmal einen bankomaten zu suchen), einen kleinen snack und den x-ten kaffee zu konsumieren, postkarten zu schreiben und zu einem punkt zu laufen, von dem man die flieger dann auch wirklich großartig sieht. Ausser atem komme ich dann bei meinem terminal an, nur um zu erfahren, dass unsere maschine eine halbe stunde verspätung hat.

Was in Zürich-Kloten noch spannend war, um den gigantischen terminal zu erforschen, ist hier ein bissl öd, weil sich die wartezone auf exakt einen raum mit zwei minishops beschränkt.

Die zeit vergeht dennoch recht flott, schon besteigen wir den bus, um 100m weit zum flieger gebracht zu werden, den wir davor fast komplett umrunden. Es muss sich ja wenigstens ein bissl lohnen.

Es folgt "it's a small world, part 2", hinter mir sitzt genau jene deutschsprachige familie, die mir am abend zuvor schon im London Steak House aufgefallen war. Um sicherzugehen, spreche ich sie drauf an, und erhalte die bestätigung. Verrückte zufälle gibt's, wirklich ... Diese leutchens haben jedenfalls im Novotel gewohnt, wo sie auch von oben einen tollen blick auf die stadt hatten (hrmpf), und gefallen hat's ihnen ebenfalls.

Das war's dann auch schon, ein wunderbarer abschluss eines großartigen, spannenden trips, der flug verging wie immer sehr flott und daheim nahmen mich schon meine geliebten eltern in empfang.

Stephan