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Komm flieg mit // The trip begins here
Warschau // 23.03.2008

Es ist ein Kreuz, mit Ostern

Warum McDonald's der Himmel ist, viel Laufen doch zur Hölle werden kann und sich polnisches Essen konsequent verweigert. Und wie kompliziert es sein kann, U-Bahn zu fahren.

Das Frühstueck im Hostel war gestern zwar okay, aber heute muss es einmal etwas anderes sein - eventuell ein Abstecher zum Coffeeheaven, wenn schon der Himmel nicht mitspielt und es heute wieder kühl und gräulich ist. Schließlich gibt es die Kette überall, war mir gestern aufgefallen.

Die Folge war stundenlanges Herumirren. Zuerst wollte ich mit der Metro fahren, eine Station nur, um sie zu auszuprobieren und anzusehen. Aber woher ein Ticket nehmen? Keine Automaten, alle Geschäfte - geschlossen. Das sollte sich noch zum Running Gag entwickeln, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Also zu fuss weiter zur station centrum, wo ich einen kaffeehimmel vermutete - natuerlich ohne erfolg, grade dort gibt's keinen. Sonst ist alles ausgestorben, nichts hat offen. Weiter richtung Warszawa Centralna, und da ist auch tatsaechlich eine filiale - aber natuerlich geschlossen. Auch alle laeden in der riesigen unterfuehrung des bahnhofs, die tausenden kebap-lokale - geschlossen.

Was zum ... Ich mein' ja, Ostern ist, ein hoher feiertag der katholen, aber was ist mit einem armen, hungrigen pilger, dessen mission es ist, der welt von der faszination des reisens zu berichten? Was ist mit der naechstenliebe? Koennen nicht ein paar leut' hackeln am feiertag?

Zum glueck ist der hunger noch nicht so gross, also denke ich mir, dass ich einfach mal zu etappe eins, dem "Bazar na kole" fahre, dort wird's schon irgendwas geben. So dieser wenigstens offen hat. Die richtige bim zu finden ist schon mal nicht so einfach, von fahrscheinautomaten, die's einfach nicht gibt, oder einem schalter, an dem man sie besorgen kann, ganz zu schweigen.

Also fahre ich schwarz. Mit der linie 24 zur station Dalibora. Schon ein bissl stinkig, weil so ein kleines huengerchen haett' ich schon. Zwar kommt zwischendurch auch mal die sonne durch, aber insgesamt wird auch das wetter immer duesterer. Immerhin seh' ich eine tankstelle mit angeschlossenem café ... Schlimmstenfalls ...

Na und dann, beim Bazar. Rate mal. Geschlossen. Juhu, ganze fahrt umsonst. Also zurück, kack' auch die tankstelle, dann lieber noch ein versuch bei kentucky fried chicken, pizza hut, irgendwas, hauptsache fruehstueck. Ich brauche einen kaffee, mann!

Rate mal. Auch alles, wirklich alles geschlossen. Nichts. Nada. Bin ich zum verhungern in der polnischen hauptstadt verdammt? Bissl hysterie muss jetzt schon auch sein. Da akzeptiert man eh schon die meteorologischen gegebenheiten und nun das. Ich renn' ja gerne durch die stadt, aber neue rekorde muss ich nicht aufstellen.

Eine möglichkeit gibt's noch - denn selbst die kleinen greisler, die sonst immer offen haben, die "Delikatesy"-shops haben zu. Nur die laeden, die spirituosen anbieten (und sonst nix), scheinen alle offen zu haben. Aber gut, grundbedürfnisse muessen bedient werden, grade auch zu religiösen feiern, verstaendlich.

Diese eine hoffnung, die goldenen boegen, die 24 stunden geoeffnet haben sollten, direkt in der naehe des hostels ... Die haben tatsaechlich offen. Auf die amis ist eben verlass. Die scheissen sich nichts um die religionsangehoerigkeit ihrer angestellten, da geht's nur um cash. Gelobt sei der kapitalismus, wenigstens werde ich satt, hoch lebe Ronald McDonald, amen. Mann, ist das ein feines gefuehl, mit heisshunger in einen burger zu beissen, die french fries dazu zu stopfen, einen cappuccino nachzuschuetten... Und dann sauber aufs klo gehen zu koennen. Was braucht mensch mehr?

Hochmotiviert geht's weiter, da waere noch der tipp mit der gruenen bibliothek, aber da das wetter nicht so grossartig ist, schiebe ich eine metrofahrt zu einem weiteren markt ein. Man ist ja hartnaeckig. Aber. Ha! Leicht gesagt. Versuch' einmal, mitten im Centrum von Warschau am Ostersonntag ein ticket fuer die metro zu bekommen. Gibt's naemlich nicht. Auch dort, keine automaten, kein laden offen. Eine freundliche passantin empfiehlt mir den zeitungskiosk. Bloss welchen? Alle geschlossen. Letztendlich finde ich ihn dann doch, und halte es in haenden, das ticket fuer die ubahn ... Unglaeublich.

Oh, und da haetten wir wieder einen kandidaten fuer die brandmanager von T-Mobile und Fiehlmann. Teile der ubahn-station sind in augenbetaeubendem magenta gehalten. Uaaa. Zum glueck hab ich schon gegessen.

Dann geschieht das kleine daily wonder, Martina schickt mir eine SMS, dass sie ein bissl was von der sonne abgibt, die sie in Sofia waermt. Schoen waer's, aber hier isses nur grau in grau. Aber als ich dann die metro wieder verlasse, reisst's wirklich grade ueber mir auf ... Sie ist halt doch mein reiseschutzengel. Sehr gluecklich lege ich mich auf eine bank, geniesse sonne und zigarette ... Herrlitsch.

Dass sich die wolkendecke gleich wieder schliesst, ist nicht nur verkraftbar, sondern war auch zu erwarten. Muss eh weiter, zum markt "Hala Mirowski" spazieren, von "Lonely Planet" und "National Geographic" empfohlen, es gibt dort auch food. Der hat - rate mal - natuerlich ebenfalls geschlossen. Ist aber von aussen trotzdem toll anzusehen, in seinem verfallsstadium. Vor allem im kontrast zu all den modernen hochhaeusern, die sich unweit erheben.

Gerne wuerde ich mal ein paeuschen einlegen, ein bier oder einen kaffee trinken, aber falls dann doch mal ein lokal am weg liegt, ist es natuerlich auch geschlossen. Also auf nach Praga, ueber die Wisła, dort soll's laut reisefuehrer eine alternative lokalszene geben, die koennen sich doch nicht auch dem allgemeinen trend unterordnen. Ausserdem muss ich mein 24-stunden-oeffi-ticket nutzen. Mit der bim fahren ist hier eh schwer in ordnung, es kommen staendig welche.

Aber hier ist es auch nicht anders. Zwar wieder vieles in spektakulär verfallenem zustand, im sinne der motive auf jeden fall nicht umsonst, aber die lokale sind alle - geschlossen. Ostern und eiersuchen, ja, fein, das gehoert halt irgendwie zusammen, aber auch einen platz zum rasten? Um einfach mal in einer wiese oder auf einer bank zu chillen, dazu ist es noch zu frisch - trotz all der schichten an kleidung gehoert halt doch die permanente bewegung dazu, um nicht zu frieren. Und das macht ja auch spaß, durch die stadt zu laufen, aber so lange, ununterbrochen ... Das geht dann schon ins kreuz und auf die füss'.

Auch hier gibt's einen russischen markt, der zwar eh geschlossen haben wird, aber wenn man schon mal da ist ... Und dann: Rate mal ...

Ehe es mir zu wuescht wird, ordne ich mich unter und begebe mich zurueck in die altstadt. Eine pause muss jetzt mal sein, letzte hoffnung ist der coffeeheaven in der "Nowy Swiat", wo ich schon gestern diesen himmlischen cappuccino hatte, der nicht mitten in der touristenzone liegt ... Doch halt! Ich war mir auch selbst osterhase und hab die akkus fuer die kamera im hostelzimmer versteckt, und der eine, den ich grade mithabe, geht zu ende ... Ergo, Oki Doki, eh klar.

Aber dann, voller hoffnung zum coffeeheaven ... Und der ist: Offen. Man glaubt es kaum. Franchise sei dank. Tourimassen sei dank. Was fuer ein (nicht unbedingt billiges) geschenk fuer meine mueden glieder.

Das mit dem alleinereisen ist so eine sache, wenn man lokale besucht, und halt einfach mal pinkeln gehen muss. Diverse wertsachen hat man ja doch bei sich. Aber immer mit sack und pack aufs klo? Macht man das, führen die verrenkungen zu geraueschen, die andere leute verschrecken koennten, da die restraeume ihrem namen halt doch gerecht werden. Was also tun? Die kamera nehm ich dann halt doch mit, ansonsten hoffe ich drauf, dass die welt im grossen und ganzen doch eine gute ist ... Bisher hatte ich glueck damit ...

Papa hat mir da ein tolles polnisches lokal empfohlen - zeit wird's, mal die einheimische kueche zu testen. Aber, auch wenn's mir schwer fällt, das zuzugeben, das ist ur weit weg ... Und ich kann nimma ... "Lonely Planet" bietet noch das "Restauracja Polska" an, das quasi gleich ums eck ist, traditionelle polnische kueche bietet und von einheimischen grade zu festivitaeten aufgesucht wird. Das MUSS doch offen haben ...

Fatalistisch mache ich mich auf den weg, mir plan b, c und d ueberlegend. Irgendwie moechte ich noch nicht im hostel enden und hunger verspuere ich durchaus, aber an kraeften, noch lange durch die stadt zu wandern, mangelt's halt doch.

Und: zu. Natuerlich. Wie du's erraten hast. Der hysterische grinser, der mich in dem moment ueberfaellt, waere wohl fuer einige grund genug gewesen, mich einzuliefern. Aber ich hab's ja eh gewusst. Man muss es halt versuchen. Gleich ums eck ist das "London Steak House". Amerikanisch, vietnamesisch, türkisch. Okay. Dann eben jetzt auch britisch. Auch wenn's im "Lonely Planet" unter den teuren lokalen steht. Drauf geschissen, jetzt bleib' ich konsequent.

Vorbei an einer roten telefonzellen, einer Bobby-schaufensterpuppe gehts in einen british tapezierten gastraum, alles leicht nobel angehaucht, mit sehr eifriger bedienung, natuerlich nur touristen. Aber das passt jetzt, hatte es mir genauso ausgesucht, und irgendwie ist es genial. Das steak und vor allem der knoblauchdipp ist grandios, der preis dafuer aber auch. Man schweigt und geniesst. Immerhin das Bier und die nachspeise sind polnisch, der cappuccino kann dafuer dem himmel nicht den rang ablaufen, im gegenteil.

So, und das wär's ja auch schon fuer heute. Gemuetlich zurueck zum hostel marschieren, angefuellt bis oben hin, bereit, um zu berichten - was heisst, es geluestet mich danach, wie man merkt.

Es mag zwar den anschein von viel arbeit erwecken, ist es ja irgendwo auch, aber in der atmosphäre ... Sitze ja jetzt grade in der hosteleigenen bar, die italiener am nebentisch spielen gitarre und singen dazu, zuvor lief der soundtrack von kill bill, die stimmung ist also unglaublich gut. Und seltsamerweise fuehle ich mich, obwohl nur stur (besessen?) auf die tastenhaemmernd, mitten drin, nicht nur dabei. Ein bier steht am tisch, die zigaretten liegen bereit und rund um mich herrscht ein babylonisches sprachgewirr ... Besser koennten die 'arbeits'-bedingungen gar nicht sein ... Kurzzeitig machte auch eine shisha die runde ... Muss ich noch mehr sagen ...?

Quasi glaub ich, dass ich mich dran gewöhnen könnt' ... Trotzdem blick' ich freudig vorwärts zum Trip mit Chris nach Dublin ... Denn das zu teilen, nicht nur durch die hier hingefetzten worte, wäre halt die vollendung ...

Stephan

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