Havana
19 stunden anreise wollen erst mal verarbeitet werden.
Dann aber ein wunderschöner tag in einem eck der welt das ganz anders ist als unsere bisherigen ziele und doch so viele gemeinsamkeiten birgt.
Zwischenstop in Madrid. Der flughafen entpuppt sich als leicht verwirrend, wir brauchen eine weile bis wir das richtige terminal und gate finden - gerade rechtzeitig zum boarding. Dank online-reservierung haben wir einen zweiersitz. Gleich der erste schock: es gibt nur ein paar zentral ausklappbare deckenbildschirme und wir sitzen in einem recht ungünstigen winkel zu ihnen. Auch die qualität - wie sich später herausstellt - ist mehr schlecht als recht. Zudem ist die maschine extrem eng bestuhlt, das essen ist fad und phantasielos, und auch bei der alkoholausgabe sind sie ein wenig zickig ... Iberia scheidet somit für die zukunft aus.
Die einreise gestaltet sich auch ein wenig mühsam. Im flieger mussten wir die obligatorischen zettel ausfüllen, die später keinen interessiert haben. Dann in die schlange einreihen, passkontrolle, fotografiert werden und anschließend - das erste mal in unserem leben - wird das handgepäck erneut durch einen scanner geschickt. Paranoider wie die amis die lieben kubaner ...
Dann sind wir endlich durch und wirklich in Kuba angekommen. Es ist angenehm warm und wir freun uns auf den ersten tschick (während des flugs hat sich Tini ja mit nikotinkaugummies beruhigt :o)
Wir schnappen uns gleich das erste freie taxi, verhandeln nicht lange, zahlen zu viel, sind aber froh schnell ins hotel zu kommen. Das Plaza Habana ist ein alter, mächtiger kolonialbau mit fünf stockwerken zum eingangsbereich hin spitz zulaufend - quasi ein karibisches "flatiron-building". Innen protzig verziert in beige-rosa-orangen tönen. Überall stehen sofas und pflanzen, recht gemütlich das ganze.
Nach dem einchecken und gepäck deponieren wechseln wir 1000 euro (abzüglich einer ordentlichen wechselgebühr - wahrscheinlich ein halbjahresgehalt eines duchschnittskubaners) und gönnen uns noch ein bierchen an der hotelbar. Zu mehr sind wir nicht mehr fähig.
Das zimmer selber ist recht klein, dafür extrem hoch. Zu unserem pech steht ein riesiges klimaaggregat direkt vor den nicht dicht schließenden fenstern und faucht und rasselt die ganze nacht. Trotzdem schlafen wir ganz gut, ich bin überrascht über mich selber :o)
Das frühstück auf der terrasse im fünften stock ermöglicht uns einen ersten blick auf die stadt. Und was wir sehen weckt unheimliche lust das ganze zu erkunden. Über die dargebotenen speisen und den gschludder-kaffee muss man kein wort verlieren. Es stimmt was wir im vorfeld gelesen haben: die verpflegung in den hotels ist eher mittelmäßig bis mies.
Nun aber endlich raus!
Raus in die wuselnde, hupende, abgasgeschwängerte hauptstadt Kubas.
Unser hotel liegt inmitten der "hot-spots" - nur einen katzensprung vom Capitolio Nacional entfernt. Dieses gleicht in verblüffender weise dem Kapitol in Washington ... was seltsam ist, aber die einheimischen sind ure stolz drauf ... sowieso ist das verhältnis zu den amis recht eigen ... überall wird baseball gespielt, das nationalgetränk mit Cola gemixt, die kids tragen Nike schuhal und andere ami-marken, im fernsehen läuft CSI und natürlich die alten, lässigen oldtimer überall. Auf der anderen seite prangen auf den wänden anti USA-parolen ...
Natürlich werden wir gleich von einigen havanern angesprochen. Zu meinem erstaunen freuen sich die meisten einfach nur dass wir Kuba besuchen und wünschen uns eine tolle zeit - aber natürlich gibt's auch welche die uns ansandeln. Tini ist da ein bissi resoluter wie ich und zaht mich immer wieder weg bevor ich weich werde ...
Ich bin total hin und weg wegen den alten schlitten. Die meisten fungieren als taxis und sind recht gut in schuß, es gibt aber auch totale wracks die sich irgendwie noch durch die straßen bewegen. Bunt sind sie, groß und protzig, stoßen riesige rußwolken aus und prägen das stadtbild. Auf vielen kleben Pioneer-pickerl auf der heckscheibe (ob's hier an forstinger gibt?).
Natürlich gibts auch jede menge anderer fahrzeuge: busse, laster, fahrräder, motorsierte "eier" die als taxi dienen, eine art Rickschas (bici-taxis genannt), kutschen und "normale" autos (die neuen sind mietautos für touristen, die alten, klapprigen gehören der bevölkerung).
Da eigentlich alles was fährt für den transport benützt wird, hört man alle fünf sekunden: "Taxi?" - wie immer versteht keiner, dass man zu fuß gehen will ...
Wir stolpern über ein areal wo uralte lokomotiven und waggons renoviert werden. Ok, niemand ist am hackeln und wahrscheinlich dauert es viele jahre bis so ein teil fertig ist - aber die verrosteten wracks mitten in der stadt machen schon was her ...
Dann geht's - mit diversen sidesteps - den boulevard "Paseo de Marti" (eigentlich nur Prado genannt) entlang bis wir das meer erreichen. Beidseitig des Prado reihen sich alte - tw. verfallene - konolialbauten, bunt gestrichen und wunderschön abwechlungsreich in form und ausführung. An dessen ende gelangen wir an den berühmten Malecon Havanas. Endlos zieht sich die uferstraße samt begrenzungsmauer richtung Vededo - ein stadtteil, das nehmen wir uns fest vor - den wir am ende der reise erforschen werden.
Die wogen des Atlantiks treffen auf die vorgelagerten felsen und die meterhoche gischt der brecher nässt manch unvorsichtigen touristen.
Erholungspause in einem kleinen cafe am Eck (der kellner spricht englisch und sieht aus wie ein model - Tini ist entzückt :o) ... wir wippen auf unseren schaukelstühlen, genießen mal einen wirklich guten kaffee und beobachten das geschehen auf einer recht frequentierten kreuzung ... herz, was willst du mehr?
Eine konsultation des stadtplans führt uns in die eigentlich altstadt: Habana Vieja.
Am revolutionsmuseum samt russischen T34 panzer vorbei in die engen verwinkelten gassen. Überall bröckelt der verputz, wäsche hängt auf den balkonen die menschen sitzen vor ihren hauseingängen, schauen rundum oder - wenn wer vorbeikommt - schnattern wie die weltmeister => genau so wie man es sich vorstellt.
Ein Geschwisterpaar quatscht uns an und wir begleiten sie in eine typisch kubanische bar. Schlicht eingerichtet, auf zwei seiten offen, das regal voller rumflaschen. Wir spendieren eine runde Mojitos und unterhalten uns vorzüglich mit den beiden. Zu guter letzt gehen sie uns um ein wenig geld an weil es ja so schwierig ist als kubaner für das kleine buzi zu hause milch zu besorgen, weil rationiert. Das haben wir schon des öfteren zu hören bekommen, aber die zwei sind echt nett und bis jetzt haben wir uns erfolgreich gewehrt. Tini erweist sich als sehr spendabel und drückt ihnen einen zehner in die hand (wir wissen noch nicht, dass das in etwa ein durchschnitts monatseinkommen ist) ...
Next stop: Catedral de San Christobal de la Habana - klingt protzig, ist es auch. Und ein touristenmagnet - natürlich ... hunderte tummeln sich auf dem reizenden platzerl vor dem gotteshaus ... posen, fotografieren und wir tun es ihnen gleich.
Und weiter gehts durch Vieja. Da uns dürstet steuern wir eine dieser netten offenen bars an. Wir schmeißen uns zum tresen - Mojito für die dame, ich nehm ein Bucanero-Bier. Tini hat inzwischen richtig gefallen an dem rum-minz-zucker-mineralwasser getränk gefunden. Ist auch sehr lecker, muss ich zugeben.
Uns gegebüber ist gerade eine band am werken ... bongos, gitarre, piano und gesang - salsa eben ... der organist ist ein entzückender 86-jahriger opi, der sich später zu uns gesellt und mit händen und füßen einen teil seines lebens erzählt. Als mitbringsel kaufen wir ihm eine handsignierte CD ab ... wie immer viel zu teuer ... wir werden schon noch lernen was wie viel wert ist ... hoffentlich ...
Noch einige bierchen und leckere tapas in einem straßencafe, an hupfer ins hotel - klo und so - außerem klamotten holen, es ist schon abend und es hat empfindlich abgekühlt ... wir wollen ja nochmal an den Malecon zwecks nachtaufnahmen.
So geht ein toller tag ist zu ende. Wir haben ihn in vollen zügen genossen - für alle raucher: die Hollywood-tschick (rot/stark und blau/light) sind voll ok, die anderen extreme beuschelreißer :o)
Stefan