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Komm flieg mit // The trip begins here
Asia fastforward // 07.02.2009

Die höhle der prüfungen


































Ein tag auszeit in Nong Khiaw beschert uns frische strassenfrüchte, haarsträubende grenzerfahrungen, rätselhafte kugelschreibersammler und den sieg von Nikotini über Lara Croft.

Natürlich ... auch heute ... wieder früh aufstehen ... Sehr zerknittert entfalte ich meine glieder erneut vor sieben uhr ... Auch wenn wir gestern erwogen haben, eventuell einen tag hierzubleiben, wollen wir uns die option offenhalten, heute noch nach Luang Prabang zu schippern. Stefan ist wieder wie aufgezogen und als erster am weg zum frühstück, Tini kämpft noch mit dem restschlaf, und mir ist einstweilen noch alles egal. Um uns herum scheint eh schon hellichter tag zu sein, hühner gackern, gänse schnattern, frösche quaken und hähne krähen. Wobei, nicht dass das besonders aussagekräftig wäre, die hiesigen hähne pflegen die halbe nacht durch zu lärmen. Der geruch nach hausbrand verrät, dass die Laoten ebenfalls schon ausgesprochen geschäftig sind. Es ist nicht so, dass ich nicht rauswill, grade die morgensonne bietet großartiges licht zum fotografieren ... Aber ... das ... fleisch ... ist ... schwach. Meine innere uhr geht halt einfach anders.

Doch ich leiste erbittert widerstand, schlüpfe in lange hosen, socken und weste - hier ist es morgens und abends ziemlich frisch. Zudem reizt es mich, endlich alles bei tageslicht zu sehen. Die ankunft gestern bei dunkelheit war dramaturgisch perfekt - alles sah zwar sehr vielversprechend aus, aber was uns wirklich erwartet, das wird sich erst jetzt herausstellen. Spannend!

So bleibt's auch noch ein weilchen. Alle bergspitzen sind in nebel gehüllt, eine dünne wolkendecke verbirgt auch den himmel vor uns. Allerdings sieht das weniger nach schlechtem wetter aus, sondern so richtig schön dampfig, dschungelig mit all dem grün und den palmen. Bei tag schaut auch unser stelzenbungalow richtig nett aus. Denn so geräumig er sein mag, und so fein unsere betten sind - auch wenn ich mich in dem meinigen unter dem moskitonetz eher wie eine prinzessin fühle - dadurch, dass immer der ganze boden schwankt, wenn man etwas forscher auftritt, und weil die meisten fenster scheibenlos sind, hatte ich eine etwas räudigere vorstellung davon. Ganz zu schweigen davon, dass wir kein waschbecken haben. Deswegen eine checklistenerweiterung: Nicht nur die anzahl der steckdosen und das vorhandensein von warmwasser ist relevant, auch ein waschbecken sollte im bad sein. Nun, man lernt nie aus.

Auf der terrasse unseres guesthouses treffe ich die beiden wieder, auch Steffi und Claudia, die beiden deutschen mädels, auf die wir in Pak Mong vergeblich warteten, sitzen schon beim frühstück. Alle noch in langärmliges gehüllt, leicht zerknittert aussehend, aber schon munter plaudernd. Dahinter das prächtige panorama, man sieht ein stück richtung südwesten, entlang des Nam Ou und ist das sich an den hang des flussufers schmiegende Nong Khiaw. "Nam" steht dabei für "fluss", kann aber auch wasser, sauce, saft oder alles mögliche andere dieser konsistenz sein. Im norden liegt die brücke, die wir gestern zu überqueren hatten, eine hohe betonkonstruktion mit verspieltem geländer. Das ist vielleicht nicht ganz, was man sich für so ein nest erwartet, irgendwie hätte eine schmale holzbrücke besser ins bild gepasst...

Unser guesthouse, das Sunset, ist nämlich eigentlich schon in einem andern dorf, in Ban Sop Houn. Gleich noch ein bissl sprachunterricht: "Ban" bedeutet "dorf" und ist in Laos praktisch mit jedem ortsnamen verknüpft.

Alles weitere ist noch immer verborgen im frühnebel, unglaublich schön ...

Während wir uns mit spiegeleiern, pfannkuchen und früchten stärken, lichtet sich das gewölk nach und nach, die ersten sonnenstrahlen kitzeln uns zaghaft wach, wärmen unsere etwas klammen glieder, lüften stück für stück die geheimnisse unserer umgebung. Atemberaubend ... Da kann man auch über den hiesigen kaffee hinweg sehen, eine brutale nescafé mischung mit extrem süsser kondensmilch. Auf keinen fall zuckern, sonst verpicken sicher sämtliche inneren organe. Und dabei ist Nordlaos für seinen kaffee berühmt!

Natürlich werden geschichten ausgetauscht, zu berichten haben wir mittlerweile einiges. Auch die beiden hatten einen heftigen start ihrer reise, Steffi kam erst mit einem tag verspätung nach Thailand, nach vielen irrungen und wirrungen, verwechselten pässen und kommunikationsproblemen. Unsere gestrige "sorge" war definitiv unbegründet, die beiden wissen sich schon zu helfen - wobei, sorge ist ohnehin das falsche wort, ich denke, es ging eher um ein gegebenes versprechen, das man nur ungern bricht ...

Bleibt nur noch zu entscheiden, ob wir hier bleiben oder gleich weiter fahren wollen. Oder sagen wir's so: Wir müssen die von uns allen wahrscheinlich eh längst getroffene entscheidung nur laut aussprechen, denn für mich war schon beim eintreffen klar, dass wir hier mehr zeit benötigen würden. Um so schöner war's, dass Tini schon beim abendessen den vorschlag dazu machte. Kurz gesagt - ich weiss, nicht gerade meine stärke: Wir bleiben. Unbedingt. Es ist einfach herrlich hier, und noch können wir's uns erlauben. Claudia und Steffi haben leider weniger zeit (ha-ha!), die beiden beschliessen, gleich aufzubrechen. Sie sind bisher die ersten, die wir treffen, die nicht so lange wie wir unterwegs sind ... Und in mir reift auch immer mehr der gedanke, eine mehrmonatige reise zu unternehmen ... Mindestens ein halbes jahr lang durch die welt zu gondeln ... Nein, nicht bloß ein traum ... Das werde ich auf jeden fall machen ...!

Nachdem das nun auch geklärt wäre, und sich der voraussichtliche zeitpunkt der abfahrt des bootes für die beiden herauskristallisiert hat, wir also noch zeit haben, sumpern wir ein bissl vor uns hin, völlig entspannt, die sonne auskostend und das entschwinden des nebelvorhangs verfolgend, der letztendlich enthüllt, was wir ohnehin schon geahnt haben - nämlich dass wir in einem ganz paradiesischen eck unserer wunderschönen erde gelandet sind. Dass die entscheidung, hier zu bleiben, ohne zweifel die richtige war. Muss auch so sein, wenn ein kleines, buntes, gar nicht mal so räudiges kätzchen die terrasse mit uns teilt, der sonne entgegen schnurrend und streicheleinheiten geniessend. Katzen wissen einfach mehr.

Wie wir den tag zu verbringen gedenken, ist auch rasch geklärt. Es bedarf dazu wie gewohnt nur weniger worte, weil unsere wünsche ohnehin meist nahe beeinander liegen, bessere reisegefährten kann man sich nicht wünschen ... Da wäre erstmal ein schleichendes geldproblem zu klären, sprich, ein ATM aufzutreiben - ein abstecher ins internet wäre auch nicht schlecht. Seit tagen sind wir ohne handynetz und gewiss machen sich zumindest einige wenige daheim sorgen. Höhlen und einen wasserfall gabat's hier auch in der nähe, erreichbar durch einen kurzen spaziergang. Was vom tage übrig bleibt, lässt sich dann noch hevorragend mit relaxen, schreibseln und Beerlao überbrücken. Eventuell treffen wir auch noch Delphine und Thierry, die ebenfalls einen tag hier verbringen wollen. Na, wenn das keine guten aussichten sind?!

Was wir da allerdings noch nicht einplanten: Das überqueren der brücke, die vielleicht zweihundert meter lang ist, dauert bei drei vollkommen fotografierdeppaten gute zwanzig minuten. Schliesslich muss jede ansicht aus sämtlichen blickwinkeln abgelichtet werden, und das ist, wenn's derart viel zu sehen gibt, eine menge. Zumal einfach alles passt. Mittlerweile ist es angenehm warm, beinahe wolkenlos, und wir befinden uns in einem kleinen dorf, abseits aller touristenströme - wir sind für die einheimischen in etwa so sensationell wie sie für uns, so dass das gegenseitige anstarren schon wieder fair ist. Um uns herum hat sich das land wunderbar zerklüftet, ähnlich wie in der Halong-Bucht, nur ohne meer. Alles bergige, das nicht grade vertikal in die höhe schiesst, ist dicht überwuchert mit undurchdringlichem dschungel. Wobei uns das grün wahrscheinlich auch deswegen mehr ins auge sticht, weil's grade erst Februar ist und daheim alles kahl und winterlich ist ... Und kälter, als unser bier ... Unter uns plätschert der Nam Ou, der im gegensatz zum Mekong klares wasser führt und sich unbeirrt von all dem felsigen seinen weg gegraben hat.

Und es ist so ruhig! Ab und zu kommt ein moped vorbei, oder ein überladener pkw, aber ansonsten herrscht einfach nur stille. Selbst Luang Nam Tha war verglichen dazu noch eine richtige stadt. Zwar sind auch hier die meisten gebäude befestigt, es gibt strom und fliessend wasser, aber alle häuser knotzen an zwei straßen, von denen die eine schon gar nicht mehr asphaltiert ist. Ansonsten führen nur ein paar sehr unebene wege in abgelegenere winkel der beiden dörfer oder auch zu unserem guesthouse. Insofern haben wir den "sightseeing"-teil schnell absolviert. Zwischendurch wird Tini noch gebeten, für einheimische touristenfangzettel in korrektem Englisch zu schreiben. Ein paar thailändische Baht lassen wir wechseln, bankomat gibt's hier natürlich keinen, und ein internetcafé entdecken wir auch nicht.

Also decken wir uns nur mit proviant und wasser ein und spazieren zurück über die brücke, in die richtung von höhle und wasserfall, der hauptstraße folgend. Wobei man den begriff "hauptstraße" nicht überbewerten sollte. Zwar passen hier wohl grade zwei fahrzeuge nebeneinander auf die ordentlich asphaltierte straße, aber dem, was man sich gemeinhin unter landstraße vorstellt, entspricht es dann doch nicht. Ausserdem herrscht quasi kein verkehr, so dass es trotz allem sehr gemütlich ist. Bald säumen nur mehr einfache häuser auf stelzen unseren weg, teils aus holz, teils gewissermaßen geflochten, meistens mit einer satellitenschüssel versehen. Dazwischen gackern und quaken mehr oder weniger hässliche hühner, gänse und anderes geflügel, oft in begleitung zuckersüßer küken. Oder sie rennen wie narrisch von einer straßenseite auf die andere, hacken aufeinander ein und zucken mit ihren köpfen, dass einem schwindlig wird. Sehr seltsame viecher sind das.

Auch wenn's gelegentlich sehr ärmlich wirkt, ist's doch immer sehr sauber, und man hat zumindest das gefühl, als würd's den leuten nicht allzu schlecht gehen - zumindest gut genährt wirken sie. Aber, man weiss es natürlich nicht, die gefahr, sich in sozialromantik zu verlieren, ist groß.

Einen tempel, den einzigen hier, an dem wir vorbei kommen, lassen wir sprichwörtlich links liegen, dazu ist eventuell noch am rückweg zeit, und spätestens in Luang Prabang oder Vientiane werden wir ohnehin mehr als genug sehen. Hier huldigen wir einmal einfach nur der natur.

Vor einigen der häuser sehen wir auch das zum trocknen ausgebreitete seegras, mit tomaten, knoblauch und sesam garniert, das uns gestern abend als knabberzeug gereicht wurde und großartig geschmeckt hat. Es schaut sogar bei licht sehr lecker aus.

Auch hier sehen wir wieder leute, die im straßengraben, an stellen, wo anscheinend sauberes wasser vom berg kommt, sich selbst und wäsche waschen, geschirr reinigen oder es anderweitig nutzen. Das für uns ungewohnte bild wird noch dadurch verstärkt, dass sich die dazugehörigen häuser auf der gegenüberliegenden straßenseite befinden, so dass alles ganz ganz aus dem zusammenhang gerissen scheint. Weil eben all diese tätigkeiten bei uns im "verborgenen" passieren, und wenn schon nicht daheim, dann zumindest innerhalb anderer vier wände ... Nicht so öffentlich ... Diese komplett andere einstellung gegenüber privatsphäre ist jedes mal irgendwie ... aufwühlend. Nicht, weil's ungut ist oder so, wenn dann nur, weil ich mich des gefühls nicht erwehren kann, zu stören, deren intimsphäre zu verletzen ... Auch wenn es ihnen wahrscheinlich nichts ausmacht, dabei derart exponiert zu sein, wenn sie das von kindesbeinen an gewöhnt sind ...

Oder wenn ein kleines mädel, etwa im mittelschulalter, zwei kübel wasser an einer stange auf den schultern heimbalanciert ... Wasser in einer menge, die wir ohne auch nur mit der schulter zu zucken, wahrscheinlich gelegentlich verbrauchen, bloß um abzuwarten, damit es auch richtig kalt aus der leitung kommt ... Dabei geht's noch nicht einmal um den ökologischen oder moralischen aspekt, da würde ich mich ansonsten in triefender politischer correctness wiederfinden, sondern nur darum, dass ich mir das gar nicht vorstellen kann, wie das wäre, wenn ich jeden tropfen wasser, den ich am tag verbrauche, selbst holen müsste. Wenn es nicht einfach aus der leitung käme, in beliebiger menge und höchster qualität. Am gleichen planeten, zur gleichen zeit. Das ist einfach wild, auch wenn man's völlig wertfrei betrachtet ...

Schon wenige hundert meter später kommen wir zu einem lokal, das sich selbst am halben weg zur höhle sieht. Und wenn wir aufgrund der wunderschönen umgebung und dem sich permanenten zugrunzen ob selbiger nicht jegliches gefühl für distanzen verloren haben, dann hat der wirt das äusserst großzügig bemessen. Oder der Lonely Planet nimmt daumen und pi zur hand, um strecken anzugeben.

Noch heisser ist es auch geworden, die sonne heizt jetzt ordentlich vom blauen himmel. Gliedmaßen werden mit sonnenmilch behandelt, Tini bastelt sich aus ihrem allzwecktuch einen turban, und die abstände zwischen den trinkpausen werden kürzer. Das mag jetzt den eindruck vermitteln, dass wir zig kilometer zurücklegen, dabei müssen wir grade mal drei schaffen. Aber, man darf nicht vergessen, bei geschätzten 3,33 fotos pro sekunde verringert sich die reisegeschwindigkeit gewaltig. Ausserdem müssen wir zwischendurch auch oft genug anhalten, die frische luft inhalieren, die stille geniessen und würdigen, dass wir hier sind ...!

Da recht viel gebüsch die sicht auf potentielle höhlen beherbergende formationen verbirgt, schleiche ich mich in jeden sich bietenden pfad rein, um auf nummer sicher zu gehen. Durch die ständigen stopps haben wir ziemlich den überblick verloren, wie lange wir noch marschieren müssen oder ob wir gar schon dran vorbei sind. Und das "restaurant auf dem halben weg" hat uns endgültig verwirrt. Weit nach vorne können wir auch nicht schauen, da sich die straße - bis auf gelegentliche ausnahmen - kurvenreich durchs gelände windet.

Nachdem wir zum xten mal meinen, dass wir zumindest noch schauen wollen, was hinter der nächsten kurve ist, begegnen wir drei männern am straßenrand, die an einer frucht hantieren. Einer Papaya, wie wir aus der nähe vermuten, die einer von ihnen mit einem leicht überdimensionierten messer schält. Ehe wir's uns versehen, werden wir auch schon eingeladen, ein stück zu kosten. Allerdings eher mit händen und füßen, als mit worten, ihr Englisch reicht dazu nicht - dafür um so freundlicher. Neugierig schauen wir ihm zu, wie er gekonnt die schale entfernt und die frucht dann flott zerschneidet, von kernen befreit und jedem von uns ein stück gibt. Jup, so fad melonenartig wie das ding schmeckt, muss es eine Papaya sein, wobei diese hier noch nicht mal so extrem öde schmeckt. Und dass die dinger so groß sind, in etwa wie eine honigmelone, wusste ich nicht. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, eine mal bewusst als ganzes wahrgenommen zu haben. Solche unerwarteten begegnungen mit einheimischen gehören zu den absoluten höhepunkten jeder reise, es tut gut, nicht als oberflächlicher massentourist oder wandelnder geldsack betrachtet zu werden ... Wir bedanken uns zigaretten teilend herzlich und beschliessen, noch eine weitere kurve zu nehmen.

Zumindest einen feinen picknickplatz wollen wir, wenn wir schon nicht die höhle finden, von der wir mittlerweile schwer überzeugt sind, dass wir längst dran vorbei sind. Wir versuchen's am ufer des baches, der die straße schon seit einiger zeit begleitet, fühlen uns dort aber nicht wirklich wohl. Also weiter, eine kurve geht noch.

Und da stehen wir plötzlich vor einem blauen schild, das uns drüber aufklärt, dass die höhle sich gleich hier, in dem mächtigen felshügel zu unserer rechten seite, befindet. Na bitte, hartnäckigkeit zahlt sich doch aus. Zu allem überfluss sind am vorplatz auch noch mit stroh überdachte bänke und tische, damit wir optimal jausnen können. Es gibt g'schmackige minibananen und eine art süsser weckerln, unserem butterzopf nicht unähnlich, die wir zu leggerem bananenbrot kombinieren. Mampfend, schwitzend und strahlend lassen wir die seele baumeln.

Es dauert nicht lange, da ziehen wir schon die aufmerksamkeit der hiesigen auf uns. Ein junger bursch, der, wie sich später herausstellt, schon mitte zwanzig ist, gesellt sich zu uns und probiert sein englisch an uns, liebenswert schüchtern grinsend. Ihm folgen noch vier kleine kinder, zwei buben und zwei mädchen, die uns mit großen kulleraugen anschauen. Tini will gleich wieder eins mitnehmen. Sorgfältig achten sie darauf, dass sie uns nicht zu nahe kommen und beäugen uns von allen seiten. Unglaublich herzig sind sie. Als die mädels dann anfangen, dem kleinsten blüten ins haar zu flechten, ist es um Tini geschehen - wenigstens ein foto von ihnen will sie mitnehmen. Den seelenraub lassen die vier auch kichernd über sich ergehen.

Gestärkt und ausgeruht begeben wir uns zum eingang der höhlen - natürlich kostet das etwas, wie alles hier in Laos. In der zu diesem zweck vorgesehen hütte sitzen nur ein paar jugendliche, kassiert wird von einem, der wahrscheinlich grade zwölf ist. Die kids sprechen recht gut Englisch, fangen gleich an, über fussball zu reden, weil wir aus Europa kommen. Und die Briten verteufelt guten fussball spielen. Na ja, wir wollen nicht allzu viel worte über Österreich in diesem zusammenhang verlieren.

Drei von ihnen begleiten uns über eine wacklige hängebrücke und ziemlich rostige treppe hinauf zur höhle. Selbstverständlich alle nur in flipflops, von taschenlampe ist auch keine spur. Zum glück hab' ich meine stirnlampe dabei - auch wenn man damit wie ein freak ausschaut, bewährt hat sie sich auf reisen mittlerweile schon oft. Die höhle selbst erweist sich zunächst als sehr unspektakulär, sehr geräumig, aber leer und ohne dekorativer stalagmiten und -titen. Bloß der eine oder andere, ziemlich verloren wirkende, einfache tisch mit bambusbank und dazu einem schild, wer dort gesessen hat - die polizei, zum beispiel - versuchen sich sehenswert zu geben. Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass sich hier in den Pa Thok höhlen während des Vietnamkriegs die dorfbewohner versteckt hielten. Ja, der wütete auch hier ... Über Laos wurden in dieser zeit mehr bomben abgeworfen, als über Deutschland und Japan zusammen während des Zweiten Weltkrieges. Kaum zu glauben, aber Laos gehört zu den schwerst bombardierten ländern der welt ...

Unsere guides verhalten sich während dessen diskret im hintergrund, was allerdings auch so viel heisst, wie dass sie nicht viel erzählen, nur immer irgendwo im düsteren vorauseilen. Ganz dunkel wird's nicht, weil durch öffnungen immer wieder tageslicht hereinkommt. Schliesslich verschwinden sie plötzlich über eine ominöse bambusleiter in einem tieferen teil der höhle. Nun ja. Also. Da geht's zuerst steil runter zum oberen ende der leiter, einem seltsamen konstrukt mit extrem hohen abständen zwischen den sprossen und von zweifelhafter festigkeit. Echt, da runter? Unsere flipflopführer erwarten das wohl ...

Zuerst wagt Stefan den abstieg, dann ist Tini an der reihe - die noch dazu leichte höhenangst hat. Aber wie schon so oft auf dieser reise, ist sie erneut tapfer und klettert ebenfalls vorsichtig hinunter. Nun bin ich an der reihe, steige das wacklige gerüst hinunter, dann doch recht froh, es hinter mir zu haben, auch wenn's schlimmer ausschaut, als es ist. Aber das beste kommt erst: Hier ist schluss! Hier ist die höhle zu ende! Ausser einem langen, vertikalen spalt, durch den man einen blick nach draussen erhaschen kann und einem schild, das darauf hinweist, dass sich hier wohl die krankenstation befunden hat, ist in dieser domartigen höhle nichts. Nada. Nothing. Dafür haben wir unser leben aufs spiel gesetzt? Quasi, halt. Na sehr super. Also geht's auch gleich wieder über die leiter des todes nach oben. - Okay, irgendwie spaß gemacht hat's natürlich schon.

Nun aber weiter, zur nächsten höhle. Also wieder raus und über stock und stein über einen schmalen pfad, der auch ein stück an den reisfeldern entlangführt. Einer der jungs fängt während dessen an zu singen, etwas, das nach einer laotischen ballade klingt, mit einer verblüffend starken stimme. Eine ganz schräges feeling, so untermalt durch den wald zu marschieren. Ein spaßvogel ist er aber auch, zwischendurch redet er von spinnen, von denen besonders große in der folgenden höhle hausen sollen. Das findet Tini alles andere als lustig, so heldenhaft sie sich auch gibt, die furcht vor den achtgliedrigen viechern ist sowas wie ihre achillesferse. Stefan bittet deswegen auch darum, das s-wort zu vermeiden, woran sich der bursche aber natürlich nur halbherzig hält.

Am rande des weges wurde bei einer lichtung ein weiteres schild hingepflanzt, das den völlig nichtssagenden ort als "Bank Office" ausweist. Seltsam, sehr seltsam ist das. Ob man hier wohl unser geld wechseln würde? Okay, das war nicht lustig.

Serpentinenartig und über eine kurze leiter kommen wir, erneut verschwitzt, bei der zweiten höhle an. Mister flipflop ist natürlich schon dort, keine schweissperle verunstaltet sein aussehen. Die beiden anderen, die das schlusslicht bildeten, wirken auch unbeeindruckt von steigung und hitze. Manchmal kommt man sich schon ein bissi alt vor ...

Aber diese höhle ... Eine mannshoher eingang geht unmittelbar in einem schmalen gang über, wo ich, als ich mich zu Stefan und Tini umdrehen will, mit dem rucksack gleich die wand hinter mir touchiere und sich das gefühl einstellt, jeden moment stecken zu bleiben ... Ganz kurz läuft ein eiskalter schauer meinen rücken runter. Wohin verzah'n sie uns jetzt? Zappenduster ist's auch noch, und taschenlampe haben die burschen keine dabei. Sind einfach so in der dunkelheit verschwunden. Jetzt brauchen wir meine stirnlampe wirklich. Langsam arbeiten wir uns vorwärts, bald schwitzen wir wie die schweine. Nicht bloß, weil es heiss hier wäre, sondern wohl auch, weil wir gegen urängste ankämpfen müssen. Denn der gang, der sanft abfallend, aber ziemlich uneben in den berg führt, wird nicht breiter. Sich umdrehen geht sich für uns grade noch aus, etwas dickere menschen würden wohl früher oder später festsitzen. So brennt sich jedenfalls der eindruck in unsere hirne. Dazu kommt noch, dass ausser meiner eh schon schwachen stirnlampe keinerlei licht da ist und unsere guides nix anderes tun, als zügig vorzulaufen, uns nicht vor im weg liegenden steinen oder steilem abschnitten warnen.

Man muss sich dabei mit aller kraft dagegen wehren, dass einem das unterbewusstsein suggeriert, dass die wände immer enger werden, dass das licht ausgeht oder gar etwas einstürzt. Vom gedanken an mögliche spinnen in Tinis kopf ganz zu schweigen. Man sieht fast nichts, überall könnte irgendeine grausige kreatur lauern ... Mein körper scheint alles auszuschütten, was an diesbezüglichen hormonen verfügbar ist, einerseits wummert da unterschwellige angst und auf der anderen seite durchzieht mich eine leicht wahnsinnige euphorie ob dieses erlebnisses ... Das ist einer der momente, wo ich das gefühl habe, dass es knapp unter der schädeldecke zu vibrieren beginnt, leicht kitzelnd, weil's so viel zu verarbeiten gibt.

Als diese wanderung zum mittelpunkt der erde kein ende zu nehmen scheint, fragen wir mal, wie lange es noch dauert, und bekommen nur "eine minute" zur antwort. Die spannung steigt, wohin das wohl führen wird, inklusive der hoffnung, dass es vielleicht einen zweiten ausgang gibt.

Tatsächlich sind wir dann sehr rasch am ziel angelangt. Und, du ahnst es vielleicht auch schon: Das war's! Wieder ist dort nix, ausser einer kleinen blauen tafel, mit verweis auf die bankgeneräle, die sich hier verschanzten. In zeiten der finanzkrise wäre das hier vielleicht tatsächlich ein guter ort. Elsner hätte sich eher nach höhlen als penthouses umschauen sollen ...

Jedenfalls: Argl! Wegen dem scheiss haben wir das auf uns genommen? Klaustrophobie und tief sitzende ängste vor der dunkelheit, vor spinnen überwunden? Unglaublich! Aber statt zu zürnen, brechen wir nur in wahnsinniges gelächter aus, so absurd wirkt das alles auf uns, so jenseitig sind wir, vollgepumpt mit einem wilden hormoncocktail. Und unsere unmenschlichen führer hätten diese hürde auch in flipflops und ohne jegliches licht ebenfalls, und zwar ganz locker, genommen. Unpackbar.

Der rückweg erfolgt entsprechend manisch. Ein bissl kennen wir uns schon aus, und in uns dominiert nun die freude darüber, auch das gemeistert zu haben. Blödelnd torkeln wir den burschen hinterher, den weg teilweise mit den blitzen der kameras ausleuchtend. Es ist sicher auch eine gewisse form der flucht, denn raus wollen wir jetzt alle, möglichst schnell.

Irre lachend stolpern wir raus ins licht, schweissgebadet, nicht wirklich fassen könnend, was wir innerhalb so kurzer zeit erlebt haben. Erst die leiter. Dann die höhle. Von den bisherigen busfahrten ganz zu schweigen. Unser absoluter hero ist aber zweifellos Tini, die sich am meisten überwinden musste und kein einziges mal den schwanz eingezogen hat. Lara Croft mit ihren atomtuttln ist ein lulu dagegen. Tini, die asthmatische kettenraucherin mit permanentem tinitus, der normalerweise bei serpentinenfahrten zum speiben ist, und die mit einer mittelschweren arachnophobie leben muss. Nikotünöööööö! Wir lüphen düch!

Jetzt werden unsere guides auf einmal doch aktiv und halten die hände auf, um sich für die "führung" bezahlen zu lassen. Mann, da reist man so viel durch die welt und vergisst immer wieder den grundsatz, dass man vorher festzulegen hat, ob und was eine tätigkeit kostet. Dass man niemals damit rechnen soll, dass alles von vorneherein inkludiert ist ... Nicht, dass sie besonders viel verlangen würden, es kommt nur so unvermittelt und zerstört das bild, auch wenn's natürlich verständlich ist, dass sie auch ihren anteil vom großen kuchen wollen.

Nun muss ich aber erstmal aufs klo. Nicht nur wegen der gerade gemachten erfahrungen, das bedürfnis hatte sich schon vorher gemeldet, aber jetzt wird's wirklich dringend. Dementsprechend mache ich mich im laufschritt auf die socken, lasse die beiden einstweilen zurück und sause zu der hütte, die sich beim eingang befunden hat, und schwer nach häusl aussah. Selbstverfreilich muss man dafür extra zahlen. Zwar nur 20 Eurocent, aber immerhin. Auch wenn's nur ein einfacher bretterverschlag mit schöpfspülung ist. Dafür sind die klos hier nie stinkig, was gewiss auch daran liegt, dass sie meist auch sehr, sagen wir mal, luftig gebaut sind - und an das hocken gewöhnt man sich auch irgendwann.

Hm, mir fällt grade auf, dass es in all meinen berichten entweder zumindest rudimentär ums speiben oder ums scheissen geht. Vielleicht sollte ich das mal überdenken und in zukunft spärlicher einsetzen. Meinereiner bittet um verzeihung - andererseits war's in den jeweiligen situationen auch wirklich von erheblicher bedeutung, wenigstens für mich. Und ich mein', vor der Großen Schüssel sind wir doch alle gleich, oder?

Während dessen haben S&M auch den ausgang erreicht, gemeinsam setzen wir uns nochmal zu einem der jausenplätze, um von diesem rauschartigen zustand wieder runterzukommen. Noch immer kribbelt's unter der schädeldecke, und mir ist weiterhin noch nicht ins bewusstsein gedrungen, was wir da grade durchgemacht haben. So als ob es sich wehren würde, die enge an sich heranzulassen. Obwohl man schon dutzende male in diversen dokumentationen im fernsehen gesehen hat, wie sich höhlenforscher womöglich gar unter wasser in die engsten spalten zwängen. Das ist oft genug schon schwer zu ertragen. Und auch wenn unser höhlentrip natürlich damit nicht vergleichbar ist, ein lercherlschas gewissermaßen, zur persönlichen horizonterweiterung hat's schon gereicht.

Insofern passt's auch. Im philosophieren über das reisen mit Thierry und Delphine, über die bedeutung, die es für uns hat, waren wir uns alle darüber einig, dass es auch darum geht, sich selbst besser kennenzulernen, grenzen auszuloten und gegebenenfalls zu sprengen. In der hinsicht waren wir bisher sehr erfolgreich, würde ich sagen.

Nun geht's aber noch weiter, es soll hier in der nähe noch diesen wasserfall geben. Und wenn ich den bei Siem Reap schon verpasst habe, dann möche ich wenigstens heute einen sehen. Das erste stück begleitet uns noch ein weiteres lied des jungen, unglaublich, wie weit seine stimme trägt ...

Quasi gleich ums eck kommen wir durch ein winziges dorf, bestehend aus einem dutzend holz-und-stroh-hütten auf stelzen, mit der üblichen viecherei dazwischen. Ein paar kleine kinder spielen auch an der straße und nähern sich uns prompt, bitten um "candy". Sie sind zwar nicht sehr hartnäckig, wirken aber doch enttäuscht, da wir ihnen nix geben. Wir könnten nicht mal, selbst wenn wir wollten, da wir nichts dabei haben. Hrmpf. Dass die touristen das immer machen müssen, süssigkeiten und kleingeld zustecken ... Man fördert doch so genau das falsche! Wie angenehm war's am ortsende von Nong Khiaw, wo wir zwar permanent "sabaidii" ("hallo" auf Laotisch) hörten und erwiderten, aber dafür halt sonst auch nichts. Man keine erwartungen aneinander hat. Es geht nicht darum, dass man nicht gerne etwas geben würde, aber man kann ohnehin nicht allen helfen, wenn man nur als reisender unterwegs ist ... Ist es nicht für beide seiten auch nett, wenn man nur grüßt und lächelt?

Lustigerweise wollen einige der kinder auch "pen", so weit wir das verstehen können. Ob sie tatsächlich kugelschreiber meinen? Irgendwas von "schule" kommt jedenfalls meist hinterher ... Oder möchten sie bloß den betrag aufschreiben, den wir ihnen geben sollen. Kann man kugelschreibertinte rauchen? Rätsel über rätsel.

Am ende des dorfes finden wir einen kleinen greissler, bei dem wir zur sicherheit noch wasser kaufen wollen, wir wissen nicht, wie weit der wasserfall entfernt ist. Laut reiseführer sollte er "in der nähe" sein, was auch immer man darunter versteht. Kurz davor ist uns ausserdem ein völlig verschwitzter radfahrer entgegengekommen, ebenfalls ein tourist, der schon kaum mehr einen graden satz rausbrachte. Kein wunder, brettleben ist die gegend hier nicht, wenn auch die steigungen bisher eher sanft waren. Ihm war kein wasserfall aufgefallen, allerdings hatte er auch nicht danach gesucht. Und er war heilfroh, als er erfuhr, dass es nicht mehr weit nach Nong Khiaw ist.

Erstaunlich - das wasser, das wir hier erstehen, kommt sogar aus der kühltruhe. Man sollte diese so einfach wirkenden hütten in den kleinen dörfern nicht unterschätzen ...

Dennoch sinkt unser geduld rapide, mittlerweile ist es ausserdem später nachmittag, und wir wären ganz gerne vor der dunkelheit daheim. Von einem wasserfall, ja, überhaupt von einem gewässer größerer art, abgesehen von den reisfeldern, ist nichts zu sehen oder zu hören. Der verlauf der straße ist weiterhin so unübersichtlich, dass man nie wissen kann, was sich hinter der nächsten kurve befindet ... Noch ein paar biegungen setzen wir das spiel "eine kurve noch!" fort, bis wir's aufgeben. Fragen kann man niemanden, ausser uns ist keiner unterwegs.

Einen schöneren umkehrplatz hätten wir uns gewünscht, um den rest unseres proviants zu verzehren. So hocken wir uns halt auf einen schattigen platz am straßenrand, vertilgen das improvisierte bananenbrot, rauchen noch gemütlich eine und ruhen uns ein bissl aus, ehe wir uns auf den rückweg machen.

Selbiger vergeht dadurch, dass wir viel weniger fotografieren und zügig marschieren, unglaublich schnell, wir schaffen die ganze strecke in etwas mehr als einer stunde. Noch dazu taucht die untergehende sonne alles in dieses wunderschöne abendlicht und die temperatur geht so zurück, dass sich die luft perfekt anfühlt, wie diese zweite haut ...

In der nähe der höhle begegnet uns noch einmal einer unserer guides, der sich eine zigarette schnorrt und auf unsere frage nach dem wasserfall nur meint, dass der wirklich nicht weit entfernt wäre ... Tja, man kann nicht alles haben, möglicherweise war er wirklich unmittelbar hinter der kurve, vor der wir umkehrten ...

Achja, zum kugelschreiberexperiment komme ich ebenfalls noch. Nachdem wieder einige der kids nach stiften gefragt haben, will ich jetzt sehen, was passiert, wenn man ihnen wirklich einen gibt - könnte schliesslich auch nur ein missverständnis sein. Als uns dann drei jungs etwa im volksschulalter begegnen, opfere ich einen meiner schreiberlinge und bin erstaunt, wie sehr sie sich drüber freuten, nochmal betonend, dass es "for school" wäre ... Aber gut, wer weiss, was sie damit machen, sobald wir ausser sicht sind. Lassen wir mich in dem glauben, dass es ihnen wirklich geholfen hat. Also, wenn du nach Laos kommst, unbedingt einen packen stifte mitnehmen!

Tini und ich stürzen sofort auf die terrasse des guesthouses, um eiskaltes Beerlao zu ordern, während Stefan schnell duschen geht. Schau' unbedingt auf die website der brauerei, dort gibt's superkitschig-trashige videos mit lao-popmusik, teilweise auch im karaoke-stil. Der große erfolg des bieres kam übrigens 1975, als die laotische regierung alle ausländischen anteile der brauerei zurückkaufte, ein gutes jahr! Unnötig zu sagen, dass das bier unsere durstigen kehlen schneller durchdringt als jeglicher wasserfall, den wir heute eventuell hätten sehen können - von dem bis in die zehenspitzen dringenden, wohligen schauer, gar nicht zu reden. Es dauert ein paar minuten, bis wir orgasmisch geschüttelt und gerührt vom lebensglück wieder zur konversation in der lage sind. Die beschränkt sich dann aber auch erst einmal darauf, etwas zum essen, dieses mal knoblauchhendl, zu bestellen. Man muss prioritäten setzen.

Stefan gesellt sich alsbald dazu, ebenfalls von hier bis Wladiwostok grinsend, dem bier huldigend und curryhuhn bestellend. So dass wir kurz darauf erneut nur am schmatzen und kauen sind, inklusive rausch, orgasmus, blabla. Man will es nicht überstrapazieren, aber es war halt wirklich so. Und vom sonnenuntergang habe ich noch nicht einmal angefangen zu erzählen. Zu den gerichten wird jeweils eine portion "sticky rice" serviert, und das ist durchaus eine ganz eigene art reis. Wie der name schon sagt, klebrig, und zwar enorm. So dass man eigentlich schon ein messer braucht, um ihn in mundgerechte portionen zu zerlegen. Sehr gewöhnungsbedürftig ...

Okay, jetzt der sonnenuntergang. Wir werden mit dem essen gerade fertig, als sich die sonne, bereits golden, knapp oberhalb der südwestlichen hügelkette befindet. Eine gelegenheit, die sich Tini und ich nicht entgehenlassen wollen und deshalb schnell zur brücke marschieren, in der erwartung, dort ungetrübten blick auf das ereignis zu haben.

Und jetzt kommt's natürlich wieder, ich will's auch gar nicht schreiben ... Nicht schon wieder ... Nur, wie soll man's sonst ausdrücken? Wenn man wie von sinnen den auslöser der kamera betätigt, immer wieder einen anderen ausschnitt der szene in den fokus nehmend ... Und man es dennoch, gleichzeitig, wirklich geniesst? Voll mit unbändiger freude? Dankbar? Euphorisiert? Vielleicht sind wir leicht zufriedenzustellende gemüter, aber das können wir nicht ändern, wollen wir auch gar nicht, und dann muss es letztlich auch in diesen bericht, dass es erneut ein alle sinne befriedigender, unvergesslicher moment ist ... Und wenn's der zehntausendste sonnenuntergang ist, auch wenn das hier nur ein kleiner fluss ist und die berge diese bezeichnung kaum verdienen. Auch wenn wir wahrscheinlich noch weitere zehntausend sonnenuntergänge dieser art, an möglicherweise sehr vergleichbaren orten sehen werden ... Es ist halt einfach nur schön, gaaaanz viel schön auf einmal ...

Rechtzeitig nach dem verschwinden der sonne ist der akku meiner kamera aus, wir gehen nach haus und noch rasch unter die dusche, bevor wir uns auf die suche nach unserem französischen pärchen machen, auch um zu konkretisieren, wann wir uns morgen zur abfahrt nach Luang Prabang treffen wollen.

Wie auch schon gestern, finden wir sie erneut bei ihrem guesthouse, am feuer sitzend, zusammen mit Belinda und Liam aus Australien, die insgesamt zwei jahre unterwegs sind. Zum ausderhautfahren ist das.

Wir gesellen uns zu ihnen, trinken bier und rauchen, plaudern über gott und die welt. Zwischendurch gesellt sich der herbergsvater zu uns, der lehrer ist und unlängst ein bissl Englisch gelernt hat und jetzt darauf erpicht ist, es auch anzuwenden. Er erzählt vom Buddhismus und wie er im sechzehnten jahrhundert von Kambodscha nach Laos gelangte - weswegen auch viele der alten tempel hier im Khmer-stil erbaut sind. Delphine meint dann noch, er hätte auch erklärt, dass Laoten eigentlich alle tiere essen würden, ausser katzen, weil die "höhere" wesen wären, quasi eine eigene seele besäßen ...

Wir hätten noch ewig weiterdiskutieren können, aber nachdem wir heute doch ein wenig gefordert wurden - und morgen, bruahahaha, wieder früh aufstehen müssen - schauen wir, dass wir bald ins bett kommen ...

Khop-Tschai, das ist das laotische wort für danke und gilt diesem weiteren, unwahrscheinlich großartigen tag ...

Stephan

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Kommentare der anderen:

sandrini schrieb:
05.03.2009 - 21:44 Uhr
also ich kenne diesen bericht ja schon von tinis erzählungen, aber den diesen hier zu lesen war einfach mega genial...hab viel gelacht...lg